Full text: Der Bundesrat als Rechtspflegeorgan des Reiches.

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mitverstehen. (\Venn natürlich die Bundesfürsten als Ver- 
treter ihres Bundesstaates mit einem anderen Bundesstaate 
eine Streitigkeit zu erledigen haben, findet Art. 76 ohne 
weiteres Anwendung!) Kekule von Stradonitz hat 
durch Prüfung der Terminologie der Reichsverfassung und 
in Hinblick auf Art. 11 der Deutschen Bundesakte, wo er 
statt „Bundesstaat“ schließlich das Wort ‚„Bundesfürst“ 
setzt, darzulegen versucht, daß unter Art. 76 I nicht nur 
„Staatenstreitigkeiten im strengen Wortsinn“, sondern auch 
Streitigkeiten über persönliche Ansprüche eines Fürsten 
fallen. Zu diesem Schluß kommt Kekule von Stradonitz 
zunächst einmal dadurch, daß er beweist, besonders durch 
Vergleichung des Art. 7, mit Art. 6, daß das Wort „Bunde»- 
staat“ genau dasselbe bedeute wie das Wort „Bundesglied‘“. 
Weiter legt er dann dar, daß „Bundesglied‘ vollkommen iden- 
tisch mit „Bundesfürst‘“ sei, so daß man ohne weiteres für 
„Bundesstaat“ das Wort ‚‚Bundesfürst“ setzen kann. Wenn 
wir auch ohne Änderung des Sinnes der einzelnen Artikel 
der Reichsverfassung statt Bundesstaat das Wort Bundes- 
glied und statt Bundesglied das Wort Bundesfürst setzen 
können, so berechtigt uns das doch noch nicht zu der obigen 
Folgerung, daß nunmehr auch Bundesstaat in jedem Fall 
synonym sei mit Bundesfürst. Daß dieser Schluß Kekules 
von Stradonitz’ zum mindesten nicht immer treffend 
ist, zeigt uns schon Art. 1 RV., wo die Vertauschung — statt 
Staat = Bundesstaat das Wort Bundesglied gesetzt — den 
ganzen Art. 1 unverständlich machen würde. Aber außer 
den Artikeln 52, 54, 58, 74 der Reichsverfassung zeigt uns 
besonders Art. 76 II. daß eine Vertauschung der beiden Aus- 
drücke: Bundesstaat und Bundesfürst, in diesem Absatz ab- 
solut keinen Sinn ergibt. Wir müssen also m. E. gerade im 
Art 76 RV. das Wort Bundesstaat sehr streng interpretieren 
7) Kekule von Stradonitz, Archiv für öffentliches 
Recht, Bd. 14, 1899, S. 12 fl.
	        
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