Full text: Der Bundesrat als Rechtspflegeorgan des Reiches.

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und unter Streitigkeiten zwischen verschiedenen Bundes- 
staaten nur Streitgkeiten in oben erwähntem Sinne ver- 
stehen, d. h. den Fall, wo sich mehrere der in Art. 1 RV. 
genannten Staaten als streitende Parteien gegenüberstehen. 
S 5. 
Wie wir nun schon oben gesehen haben, sind für die 
Anwendung des Art. 76 I außer den positiven Voraussetzun- 
gen auch noch Bedingungen negativer Art erforderlich. Der 
Bundesrat ist nur dann zur Entscheidung von Streitigkeiten 
kompetent, wenn „dieselben nicht privatrechtlicher Natur 
und daher von den kompetenten Gerichtsbehörden zu ent- 
scheiden sind“. Demgemäß darf es sich zunächst einmal 
nur um öÖffentlich-rechtliche Streitigkeiten handeln. Nach 
der Ansicht des Abgeordneten Zachariae im konstituieren- 
den Reichstage (31. Sitzung, 9. April 1867) würde aber die 
Entscheidung, ob es sich um eine privatrechtliche oder öffent- 
lichrechtliche Streitigkeit handelte, bei der Flüssigkeit der 
Grenzen dieser beiden Begriffe manchen Schwierigkeiten 
begegnen. Der Antrag auf Textänderung: „Insofern sie 
nicht ihrer Natur nach, dem Wesen des Rechtsverhältnisses 
nach zur Kompetenz der Landesgerichte gehören“ fand aber 
im konstituierenden Reichstage keine Annahme. M. E. auclı 
niit Recht. Denn ob ein privatrechtliches Rechtsverhältnis 
in Frage kommt oder nicht, kann man schon dann entschei- 
den, wenn man das Wesen des Privatrechts dem des öffent- 
lichen Rechts gegenüberstellt. Jenes regelt die Beziehungen 
der einzelnen zueinander, dieses ist der Inbegriff der Rechts- 
normen, die das Verhältnis einzelner zum Staatsganzen oder 
aber von Staaten zueinander regeln. (Von letzterem kann 
natürlich nur im Art. 76 I die Rede sein). Das öffentliche 
Recht selbst gliedert sich aber wieder 
1. in das Völkerrecht, das als Recht unter Völkern 
die Summe der Normen darstellt, die den Verkehr 
der Völker unter einander regeln und
	        
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