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scheidung an. Dieser erledigte die Streitigkeit dadurch, daß
er den 1. und 4. Zivilsenat des Reichsgerichts ersuchte, einen
Schiedsspruch zu fällen, ob die Hohe Rade zum preußischen
oder hamburgischen Gebiete gehöre. Gleichzeitig verpflich-
tete der Bundesrat die beiden Regierungen, sich diesem
Schiedsspruche zu unterwerfen.
Auch Landeshoheitsfragen unterliegen als öffentlich-
rechtliche Streitigkeiten der Entscheidung des Bundesrates
auf Grund des Art. 6 I. So wurde der Streit der beiden
Mecklenburg gegen Lübeck, die als Uferstaaten der Trave
die Anerkennung ihrer Landeshoheit über die entsprechende
Wasserfläche beanspruchten, durch Bundesratsbeschluß vom
6. Oktober 1887 dadurch erledigt, daß der 4. Zivilsenat des
Reichsgerichts mit der schiedsrichterlichen Erledigung des
Falles beauftragt wurde. Der Schiedsspruch erging dann
gegen Mecklenburg, da für Lübeck ältere, wohlerworbene
Rechte sprachen.
§ 6.
Es fragt sich nun, was der Zusatz im Art. 76 I: „und
daher von den kompetenten Gerichtsbehörden zu entscheiden
sind“ für eine Bedeutung hat. Die Ansicht, daß der Gesetz-
geber damit etwas ganz Selbstverständliches ausgesprochen
hat, wie einige Schriftsteller annehmen, möchte ich nicht
für richtig halten. Denn daß für diese Privatstreitigkeiten
die ordentlichen und die reichsgesetzlich zugelassenen be-
sonderen Gerichte kompetent sind, ist doch derartig klar,
daß es keiner weiteren Erwähnung bedürfte. Ich möchte
mich vielmehr der Ansicht Hänels’) anschließen, der
sagt: „Es genügt nicht, daß nach dem Partikularrecht des
zu verklagenden Staates der erhobene Anspruch seiner
Natur nach privatrechtlich sei, sondern es müssen auch im
Gegensatz zu den Verwaltungsbehörden einschließlich der
1) Hänel a. a O. S. 576.