Full text: Der Bundesrat als Rechtspflegeorgan des Reiches.

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Verwaltungsgerichte die Gerichte, d. h. die ordentlichen 
oder die reichsgesetzlich zugelassenen besonderen Gerichte 
zur Entscheidung kompetent sein.“ Demgemäß ist also das 
Eingreifen des Bundesrats an zwei Voraussetzungen ge- 
knüpft: 
1. muß die Streitigkeit privatrechtlicher Natur sein 
und 
2. ganz unabhängig hiervon muß eine Gerichts- 
behörde für die Entscheidung dieses streitigen 
Rechtsverhältnisses zuständig sein. 
§ 7. 
Selbst wenn nun alle diese materiellen Voraussetzungen 
in ihrer positiven und negativen Gestalt vorliegen, so ist 
damit noch nicht ohne weiteres der Bundesrat zum Ein- 
schreiten gemäß Art. 76I berechtigt. Hinzukommen muß 
noch ein formelles Erfordernis: Der Bundesrat tritt, da 
seine Zuständigkeit vom Wunsch der streitenden Parteien 
abhängig ist, lediglich auf Anrufen eines Teils in Tätigkeit. 
Darin, daß der Art. 70 keine Verpflichtung zum Anrufen des 
Bundesrats für die Streitteile enthält, unterscheidet er sich 
vom Art. 11 der Deutschen Bundesakte von 1815. Wenn 
nun hierin v. Rönne!) eine Abschwächung gegenüber den 
Anordnungen des Deutschen Bundes sieht — denn früher 
bestand für die Bundesstaaten die unbedingte Pflicht, ihre 
Streitigkeiten bei der Bundesversammlung anzubringen —, 
6o ist diese doch tatsächlich nicht vorhanden, weil für die 
Bundesstaaten wenigstens ein mittelbarer Zwang besteht, 
den Bundesrat als Richter in Staatenstreitigkeiten anzu- 
rufen, da ihnen ja wegen des bundesstaatlichen Charakters 
des Deutschen Reiches völkerrechtliche Mittel zur Erledigung 
ihres Streites verfassungsgemäß versagt sind. Natürlich 
steht es den Bundesstaaten, bevor sie sich an den Bundesrat 
1) v. Rönne a. a. O. S. 213.
	        
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