Ss 23.
Überall da, wo in einem zusammengesetzten Staate von
der Zentralgewalt zwar gewisse Funktionen gesetzlich ge-
regelt werden, die Ausführung selbst aber dem untergeord-
neten Organismus übertragen ist, ist eine Behörde unum-
gänglich nötig, die dafür sorgt, daß die Funktionen von den
unteren Behörden auch in dem Sinne der Zentralgewalt aus-
geübt werden. Das Deutsche Reich, in dem die Durch-
führung der Reichsgesetze den Landesbehörden überlassen
ist, hat als die Behörde, die mit der Entscheidung betraut.
ist, falls über den Umfang eines Reichsgesetzes zwischen
Reich und Bundesstaat eine verschiedene Auffassung be-
steht, den Bundesrat nach Art. 7 Ziff. 3 bestimmt:
„Der Bundesrat beschließt: 3. über Mängel,
welche bei der Ausführung der Reichsgesetze oder der
vorstehend erwähnten Vorschriften oder Einrichtun-
gen hervortreten.“
Diese Bestimmung geht zurück auf den Zollvereinsver-
trag. Auch hier machte sich das Bedürfnis geltend — war
doch, wie auch heute noch, die Erhebung und Verwaltung
der Zölle den einzelnen Staaten übertragen — daß die
Steuer- und Zollgesetzgebung in allen Bundesstaaten naclı
einheitlichen Grundsätzen durchgeführt wurde Dies
wurde nun dadurch erreicht, daß Kontrolleure in den Bun-
desstaaten eingesetzt wurden, die wechselseitig die Vertrags-
staaten beaufsichtigten!). Bei der Aufdeckung von Män-
geln entschied, falls eine gegenseitige Verständigung sich als
aussichtslos erwies, bis 1867 die Zollkonferenz, von da ab
der Zollvereinsbundesrat, ob tatsächlich gegen die Zoll- und
Steuergesetze verstoßen sei, und sorgte im Bejahungsfalle
für Abhilfe ?).
1) ef. Vertrag v. 16. Mai 1865, Art. 31/32; Vertrag v. 8. Juli
1867 Art. 20.
2) Arndt S. 10Sf.; v. Seydel, Komm. S. 144; La-
band IS. 235, 243.