Full text: Gesetzes- und Verordnungs-Blatt für das Großherzogtum Baden. Jahrgang 1906. (38)

502 XIIII. 
durch andere Blätter anordnen. Die Kosten der Veröffentlichung gehören zu den Kosten des 
ehrengerichtlichen Verfahrens. 
8 34. 
Das ehrengerichtliche Strafverfahren wird eingeleitet auf Grund einer gegen einen Arzt 
erstatteten Anzeige der Verletzung der ihm obliegenden Pflichten. 
Die Anzeige kann bei jedem Mitgliede des Ehrengerichtes erfolgen. 
Die Mitglieder des Ehrengerichtes sind verpflichtet, die an sie gelangenden, mit Namens- 
unterschrift versehenen Anzeigen im Sinne des Absatzes 1 zur Kenntnis des Vorsitzenden zu 
bringen. Gleiches gilt, wenn einem Mitgliede des Ehrengerichtes Tatsachen bekannt werden, 
welche eine Anzeige im Sinne des Absatzes 11 rechtfertigen. 
Der Vorsitzende hat die an ihn gerichteten Anzeigen und Mitteilungen im Sinne der 
Absätze 1, 2 und 3 dem Ehrengerichte zur Entschließung vorzulegen und zur Kenntnis des 
Beauftragten des Ministeriums des Innern zu bringen. 
g 36. 
Warnung, Verweis und Geldstrafe bis zu 300 + können nach Anhörung des Angeschul- 
digten und des Beauftragten des Ministeriums des Innern ohne förmliches ehrengerichtliches 
Verfahren durch Beschluß des Ehrengerichtes verhängt werden. 
Dem Angeschuldigten und dem Beauftragten des Ministeriums des Innern steht das Recht 
zu, vor der Beschlußfassung auf Eröffnung des förmlichen ehrengerichtlichen Verfahrens anzu- 
tragen. Die Ablehnung des Antrages ist nur bei gleichzeitiger Einstellung des nicht förmlichen 
ehrengerichtlichen Verfahrens zulässig. 
6 36. 
Ein nach § 35 gefaßter Beschluß ist in schriftlicher, mit Gründen versehener Ausfertigung 
dem Angeschuldigten und dem Beauftragten des Ministeriums des Junern zuzustellen. 
Beiden Teilen steht die Beschwerde an den Ehrengerichtshof zu. 
Die Beschwerdefrist beträgt einen Monat und beginnt mit der Zustellung des Beschlusses. 
Der Angeschuldigte hat das Recht, sich in allen Stadien des Verfahrens eines Arztes 
oder Rechtsanwaltes als Beistandes zu bedienen. Der Angeschuldigte und sein Beistand sind von 
allen Terminen zu benachrichtigen; sie haben das Recht, an diesen Terminen teilzunehmen und 
an die Zeugen oder die Sachverständigen Fragen zu stellen; auch ist dem Beistande auf Antrag 
Einsicht in die Akten zu gewähren. 
8 37. 
Das förmliche ehrengerichtliche Verfahren besteht in Voruntersuchung und Hauptverhandlung. 
Die Voruntersuchung wird durch einen Beschluß des Ehrengerichtes eröffnet, in welchem 
die dem Angeschuldigten zur Last gelegten Verfehlungen aufzuführen sind. 
Die Führung der Voruntersuchung liegt dem rechtskundigen Mitgliede des Ehrengerichtes ob. 
In dem Beschlusse (Absatz 2) ist das rechtskundige Mitglied und der Beauftragte des 
Ministeriums des Innern, welcher die Anklage vertritt, zu benennen.
	        
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