Full text: Gesetzes- und Verordnungs-Blatt für das Großherzogtum Baden. Jahrgang 1906. (38)

XI. III. 505 
Neue Tatsachen, welche die Grundlage einer anderen Beschuldigung bilden, dürfen in der 
Berufungsinstanz nicht vorgebracht werden. 
8 49. 
Die Wiederaufnahme eines durch rechtskräftiges Urteil geschlossenen Verfahrens kann in 
den Fällen des § 399 der Strafprozeßordnung von dem Verurteilten, in den Fällen des § 402 
der Strafprozeßordnung von dem Beauftragten des Ministeriums des Innern beantragt werden. 
Ein Antrag, welcher auf die Behauptung einer strafbaren Handlung gegründet werden 
soll, ist nur dann zulässig, wenn wegen dieser Handlung eine rechtskräftige Verurteilung 
ergangen ist, oder wenn die Einleitung oder Durchführung eines Strafverfahrens aus anderen 
Gründen als wegen Mangels an Beweis nicht erfolgen kann. 
50. 
Der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens ist schriftlich zu stellen; derselbe muß 
den gesetzlichen Grund der Wiederaufnahme sowie die Beweismittel angeben. 
Über die Zulassung des Antrages entscheidet das Ehrengericht, dessen Urteil angefochten 
werden soll, nach Anhörung des Beauftragten des Ministeriums des Innern beziehungsweise 
des Verurteilten. 
Wird der Antrag an sich für zulässig befunden, so werden die Beweise erhoben, soweit 
dies erforderlich ist. 
Nach Schluß der Beweisaufnahme und nochmaliger Anhörung des Beauftragten des 
Ministeriums des Innern und des Verurteilten entscheidet das Ehrengericht über den Antrag 
auf Wiederaufnahme. 
Der Antrag ist als unbegründet zu verwerfen, wenn die darin aufgestellten Behauptungen 
keine genügende Bestätigung gefunden haben oder wenn in den Fällen des § 399 Ziffer 1, 2 
oder des § 102 Ziffer 1, 2 der Strafprozeßordnung nach Lage der Sache die Annahme 
ausgeschlossen ist, daß die in diesen Bestimmungen bezeichnete Handlung auf die Entscheidung 
Einfluß gehabt habe. 
Andernfalls ordnet das Ehrengericht die Wiederaufnahme des Verfahrens und die Er- 
neuerung der Hauptverhandlung an. 
51. 
Gegen die Entscheidungen des Ehrengerichtshofes steht dem Arzte und dem Beauftragten 
des Ministeriums des Innern die Berufung an den Verwaltungsgerichtshof zu, in den Fällen 
des § 53 der Gewerbeordnung unbedingt, im übrigen nur, wenn das Urteil auf einer Ver- 
letzung des Gesetzes beruht. 
Die Berufung ist binnen einer Frist von einem Monat von der Zustellung des Urteiles 
an gerechnet, bei dem Ehrengerichtshofe einzureichen, welcher die Akten dem Verwaltungs- 
gerichtshofe übersendet. 
Auf das Verfahren findet das Verwaltungsrechtspflegegesetz entsprechende Anwendung.
	        
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