44 VI.
Bei jugendlichen Personen, welche eine nach 8 57 des Reichsstrafgesetzbuchs erkannte
Strafe in einer Strafanstalt verbüßen und bei welchen zugleich die Voraussetzungen des § 1
des Gesetzes vorhanden sind, liegt die Pflicht zur Mitteilung der Direktion dieser Anstalt ob.
Im übrigen sind zu Anzeigen im Sinne des Absatzes 1 insbesondere auch befugt die
Bezirksvereine für Jugendschutz und Gefangenenfürsorge.
82.
Das Bezirksamt (8 3 Absatz 2 des Gesetzes) nimmt die zur genaueren Verlässigung
nötigen Ermittelungen vor und prüft — unbeschadet des Einschreitens nach 8 98 des Polizei-
strafgesetzbuchs — auf Grund des Ergebnisses derselben, ob die Unterbringung zur Zwangs-
erziehung beim Vormundschaftsgerichte zu beantragen sei oder nicht.
Von Herbeiführung der Zwangserziehung ist abzusehen, wenn sich bei dem bezirksamt-
lichen Verfahren eine sichere Gewähr dafür ergibt, daß dem Bedürfnis nach einer geordneten
Erziehung auf anderem Wege, insbesondere durch die örtliche oder Kreis-Armenpflege, durch
Vereinstätigkeit oder durch die Eltern beziehungsweise den Vormund oder sonstigen Fürsorger
selbst, ausreichend entsprochen wird.
Erachtet das Bezirksamt die Unterbringung zur Zwangserziehung zurzeit für nicht
hinreichend begründet, jedoch die Gefahr einer Verwahrlosung für naheliegend, so wird es
tunlichst vorbeugend einwirken und die zu weiterer Beobachtung dienliche Vorkehr treffen.
g3.
Anzeigen oder Anträge, die von den Eltern selbst ausgehen, sind einer besonderen Prüfung
in der Hinsicht zu unterziehen, ob es sich nicht vorwiegend um einen Versuch derselben handelt,
der Sorge für die häusliche Erziehung entledigt zu werden.
84.
Für Kinder, die das sechste Lebensjahr noch nicht zurückgelegt haben, ist die Zwangs-
erziehung nur in dringenden Fällen in Aussicht zu nehmen.
85.
Erscheint zur Zeit der Antragstellung oder im Lanfe der nachfolgenden Verhandlungen
sofortiges Einschreiten geboten, so ist ein einstweiliger Beschluß des Vormundschaftsgerichts
über die Anordnung der fürsorglichen Unterbringung zur Zwangserziehung herbeizuführen
(§ 3 Absatz 5 des Gesetzes).
In jedem Falle, in welchem die fürsorgliche Unterbringung nicht beantragt wird, sind
die Gründe für diese Unterlassung aktenmäßig zu machen.