Full text: Gesetzes- und Verordnungs-Blatt für das Großherzogtum Baden. Jahrgang 1906. (38)

762 LII. 
2. Ist gemäß § 64 Absatz 3 des Gesetzes die arbiträre Strafe verhängt worden, so kann 
daneben der hinterzogene Steuerbetrag nachträglich erhoben werden, wenn sich z. B. nach 
Beendigung des Strafverfahrens durch später beigebrachte Beweise der Betrag der zu wenig 
entrichteten Steuer feststellen läßt, oder wenn von einem Gerichte die arbiträre Strafe verhängt 
worden ist, nach Ansicht der Finanzbehörde aber das vorhandene Material zur Berechnung der 
zu wenig entrichteten Steuer genügt. Zu solchen Steuernacherhebungen hat aber die Bezirks- 
steuerstelle die Genehmigung der Steuerdirektion einzuholen. 
3. In den Fällen des § 64 Absatz 4 des Gesetzes kann zwar keine Defraudationsstrafe 
ausgesprochen, dagegen auf eine Ordnungsstrafe gemäß § 65 Absatz 2 des Gesetzes erkannt 
werden. Von dieser Befugnis soll jedoch nur dann Gebrauch gemacht werden, wenn ein Steuer- 
pflichtiger wiederholt und absichtlich die Abgabe einer Steuererklärung unterlassen oder die 
Veranlagungsbehörden zu täuschen gesucht hat. Die Schatzungsräte und Steuerkommissäre 
sollen deshalb auch nur in den Fällen der bezeichneten Art der Bezirkssteuerstelle behufs Ein- 
leitung des Strafverfahrens Mitteilung machen. 
4. Der im Strafwege anzusetzende Steuer nachtrag erstreckt sich auf diejenigen Beträge, 
die in den letzten fünf Jahren, von der mutmaßlichen Zustellung des Strafbescheids oder sonstigen 
urkundlichen Anforderung zurückgerechnet, fällig geworden, aber zu wenig angesetzt worden sind, 
zuzüglich der im laufenden Jahr noch fällig werdenden und nicht oder zu wenig festgesetzten 
Beträge. Hierzu tritt, wenn bei Erlassung des Strafbescheides das Ab= und Zuschreiben für 
das nächstfolgende Jahr bereits beendigt ist, noch der vormerkliche Ansatz der für dieses 
weitere Jahr zu wenig angesetzten Steuer. 
5. Der Steuernachtrag, der nach § 17 des Gesetzes zu zahlen ist, berechnet sich auch in 
Straffällen auf den doppelten Betrag der Steuer, die von dem Erblasser in den seinem Todes- 
tag unmittelbar vorausgegangenen fünf Jahren zu wenig entrichtet worden ist. 
6. Für die Festsetzung der Strafe kommen diejenigen Verfehlungen des Steuerpflichtigen 
in Betracht, die in den letzten fürf Jahren vor dem Tage der Erlassung des Strafbescheids 
oder vor der ersten richterlichen Untersuchungshandlung, falls eine solche der Erlassung des 
Strafbescheids vorhergegangen ist, begangen worden sind. 
7. Bei Verfehlungen, welche sich als Ordnungsvergehen (§ 65 des Gesetzes) darstellen, 
wird die Bestrafung durch Ablauf eines in gleicher Weise (Absatz 6) zu berechnenden Jahres 
ausgeschlossen. 
8. Im Falle der Zuwiderhandlung gegen § 17 des Gesetzes ist die verwirkte Strafe gegen 
jeden, dem eine Verpflichtung zur Anmeldung oblag, zu erkennen; ist die Defraudationsstrafe 
des § 64 des Gesetzes auszusprechen, so bildet die ganze von dem Erblasser vorenthaltene 
Steuerschuldigkeit — im einfachen Betrag — ohne Rücksicht auf die Größe des Erbteils des 
zu Bestrafenden die Grundlage für die Berechnung der Strafe. 
9. Die arbiträre Strafe des § 64 Absatz 3 des Gesetzes sowie die Ordnungsstrafe des 
§ 65 ist im Hinblick auf § 1 Absatz 2 und §.27 des Strafgesetzbuches jeweils mindestens im 
Betrag von 3 4∆ auszusprechen, sofern nicht in den Fällen des § 65 Absatz 1 die Defraudations 
strafe weniger betragen würde.
	        
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