Full text: Gesetzes- und Verordnungs-Blatt für das Großherzogtum Baden. Jahrgang 1906. (38)

I.IV. 785 
Artikel 19. 
Die Erklärung des Austritte aus einer Kirche muß, um bürgerliche Wirkung zu haben, 
von dem Austretenden vor der Bezirksverwaltungsbehörde seines Wohnortes abgegeben werden, 
und zwar, wenn derselbe das sechzehnte Lebensjahr zurückgelegt hat, in Person. 
Für Personen unter 16 Jahren kann die Erklärung des Austritts von denjenigen abgegeben 
werden, welche deren religiöse Erziehung zu ändern berechtigt sind. 
Abschrift des über die Austrittserklärung aufzunehmenden Protokolls ist der das örtliche 
Kirchenvermögen verwaltenden Behörde zuzustellen. Dem Austretenden ist auf Verlangen 
Bescheinigung über die erfolgte Erklärung des Austritts zu erteilen. 
Die Austrittserklärung ist hinsichtlich der kirchlichen Steuerpflicht unwirksam, wenn nach 
Abgabe derselben die Einrichtungen der Kirche, welcher der Betreffende bis dahin angehörte, 
durch diesen selbst oder durch Personen, deren religiöse Erziehung derselbe zu ändern berechtigt 
ist, weiter benützt werden. 
Artikel 20. 
Im Falle des Artikel 1 Absatz 2 kommen die Bestimmungen der Artikel 18, 19 zu sinn- 
gemäßer Anwendung hinsichtlich des Ausscheidens aus der einen beziehungsweise des Ubertritte 
zur anderen Kirchengemeinde. 
Artikel 21. 
Erstreckt sich eine Kirchengemeinde über mehrere Orte, so können die Filialeinwohner, falls 
dieselben an den kirchlichen Einrichtungen der Gesamtgemeinde nur in beschränktem Maße 
teilnehmen, verlangen, daß ihre Beiziehung zu den kirchlichen Steuern der Gesamtgemeinde 
nur nach einem im Verhältnis der beschränkteren Teilnahme ermäßigten Maßstabe geschehe. 
Das Maß der den Filialisten zu gewährenden Erleichterung wird durch Vereinbarung, 
welche der staatlichen und kirchlichen Genehmigung bedarf, erentuell durch die Staatsbehörde 
im Einvernehmen mit der oberen Kirchenbehörde bestimmt. In gleicher Weise kann auch auf 
den Beizug der Filialeinwohner ganz verzichtet werden. 
Die einmal getroffeue Festsetzung kann vor Ablauf von zehn Jahren nur mit Einwilligung 
aller Beteiligten geändert werden. 
III. Verfahren zur Feststellung und Erhebung Rirchlicher Steuern. 
Artikel 22. 
Der Kirchengemeindebeschluß, welcher die Erhebung beziehungsweise Festsetzung kirchlicher 
Steuern verfügt (Artikel 8), ist — vorbehaltlich der Bestimmungen in Artikel 23 und Artikel 27 
dieses Gesetzes für die Dauer eines Kalenderjahres wirksam.
	        
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