Full text: Gesetzes- und Verordnungs-Blatt für das Großherzogtum Baden. Jahrgang 1908. (40)

48 XXXI. 
Der erschienene Angeklagte wird vernommen. Gesteht derselbe die den Gegenstand der 
Anklage bildenden Tatsachen ein und walten gegen die Glaubwürdigkeit seines Geständnisses 
keine Bedenken ob, so beschließt der Disziplinarhof, daß eine Beweisverhandlung nicht stattfinde. 
Andernfalls gibt ein vom Vorsitzenden des Disziplinarhofs aus dessen Mitte ernannter 
Berichterstatter auf Grund der bisherigen Verhandlungen eine Darstellung der Beweisaufnahme, 
soweit sie sich auf die in der Anklageschrift enthaltenen Anklagetatsachen bezieht. 
Zum Schlusse erhalten der Beamte der Staatsanwaltschaft und sodann der Angeklagte 
zu ihren Ausführungen und Anträgen das Wort. Dem Beamten der Staatsanwaltschaft 
steht das Recht der Erwiderung zu; dem Augeklagten gebührt das letzte Wort. Der An- 
geklagte ist, auch wenn ein Verteidiger für ihn gesprochen hat, zu befragen, ob er selbst noch 
etwas zu seiner Verteidigung anzuführen habe. 
8 101. 
Beweisaufuahme im allgemeinen. 
Wenn der Disziplinarhof vor oder im Laufe der mündlichen Verhandlung auf den Antrag 
des Angeklagten oder des Beamten der Staatsanwaltschaft oder von Amts wegen die Ver 
nehmung von Zengen oder von Sachverständigen, sei es vor dem Disziplinarhof oder durch 
einen beanftragten Beamten, oder die Herbeischaffung anderer Beweismittel für angemessen 
crachtet, so erläßt er die erforderliche Verfügung und verlegt nötigenfalls die Fortsetzung der 
Verhandlung auf einen andern bekannt zu machenden Tag. 
8 102. 
Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung. 
Die Vernehmung der Zeugen und Sachverständigen muß auf Antrag des Angeklagten 
oder des Beamten der Staatsanwaltschaft in der mündlichen Verhandlung erfolgen, sofern die 
Datsachen erheblich sind, über welche die Vernehmung erfolgen soll, und der Disziplinarhof 
nicht die Uberzeungung gewonnen hat, daß der Antrag nur auf Verschleppung der Sache abzielt. 
§ 103. 
Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen durch einen beauftragten Beamten. 
Stehen dem Erscheinen eines Zeugen oder Sachverständigen, welcher gemäß § 102 zur 
Hauptverhandlung zu laden wäre und nicht schon in der Voruntersuchung eidlich vernommen 
worden ist, Krankheit oder Gebrechlichkeit oder andere nicht zu beseitigende Hindernisse entgegen 
oder ist dessen Erscheinen wegen großer Entfernung besonders erschwert, so kann vom Dis- 
ziplinarhof die Vernehmung desselben durch einen beauftragten oder ersuchten Beamten 
angeordnet werden. Die Vernehmung erfolgt, soweit die Beeidigung zulässig ist, eidlich. 
Von dem zum Zwecke dieser Vernehmung anberaumten Termine sind der Beamte der 
Staatsanwaltschaft, der Angeklagte und der Verteidiger vorher zu benachrichtigen, insoweit dies 
nicht wegen Gefahr im Verzuge untunlich ist.
	        
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