Full text: Gesetz- und Verordnungs-Blatt für das Königreich Bayern. 1874. (1)

Bell. IV. 15 
Gründe. 
In der Gemeinde Burgsinn war es seit langer Zeit üblich, von allen nicht zur Ge- 
meinde gehörigen Fuhrleuten, welche den Ort Burgsinn die Straße auf Rieneck zu und zu- 
rück passirten, ein Weggeld von 4 kr. per Wagen zu erheben. Die Weigerung eines Grundbe= 
sitzers von Mittelsinn, dieses Weggeld zu entrichten, gab den Verwaltungsbehörden Anlaß zu 
Untersuchungen über die Berechtigung der Gemeinde zur Erhebung des Weggeldes, und diese 
führten endlich dazu, daß durch Entschließung des k. Staatsministeriums des Handels rc. 
vom 1. Juli 18714 der Gemeinde die fernere Erhebung des Weggeldes untersagt wurde. 
Am 17. August 1872 stellte nun die Gemeinde Burgsinn, vertreten durch den k. 
Advocaten Köth in Lohr, gegen den k. Fiskus eine an das k. Bezirksgericht Lohr gerichtete 
Klage, worin behauptet ist, daß der Gemeinde Burgsinn das Recht zur Erhebung des frag- 
lichen Weggeldes als ein dingliches zustehe. 
Dasselbe sei ihr durch rechtskräftiges Urtheil des Reichskammergerichtes zu Wetzlar vom 
27. October 1755 zugesprochen, auch in einem Vergleiche vom 18. Juni 1699 von dem 
vormaligen Vogteiherren von Burgsinn, Freiherrn von Thüngen, anerkannt und nicht nur seit- 
dem, sondern auch längst zuvor in dem bezeichneten Umfange ausgeübt worden. Die Einstellung 
der Weggelderhebung habe die Gemeinde bisher um 336 fl. 11 kr. beschädigt. Es wurde 
deßhalb gebeten, zu erkennen, der Beklagte sei schuldig, das Recht der Gemeinde Burgsinn 
zur Erhebung eines Weggeldes bei allen nicht Burgsinner Fuhrleuten, welche den Ort Burg- 
sinn von Rieneck und zurück passiren, in dem hergebrachten Umfange von 4 kr. per Wagen 
anzuerkennen, derselbe sei schuldig, vorbehaltlich aller weiteren Ersatzansprüche 336 fl. 11 kr. 
Entschädigung nebst 5% Zinsen hieraus vom Tage der Klagszustellung an zu bezahlen und 
sämmtliche Kosten des Verfahrens zu tragen. 
Der k. Fiskus verweigerte die Einlassung auf die Klage wegen Unzuständigkeit der Ge- 
richte und weil in dieser Sache die Verwaltungsbehörden zu entscheiden hätten. 
Nachdem am 26. November 1872 die beiderseitigen Anwälte ihre motivirten Anträge bei 
dem Bezirksgerichte Lohr hinterlegt hatten und hierauf von diesem Gerichte Termin zur Ver- 
handlung der Sache auf den 31. December 1872 bestimmt worden war, regte die k. Regie- 
rung von Unterfranken und Aschaffenburg einen Competenzconflict durch eine am 20. December 
1872 bei dem genannten Gerichte eingekommene Entschließung vom 17. dess. Mts. an, worin sie 
die Zuständigkeit zur Verhandlung und Entscheidung der Streitsache für die Verwaltungsbe- 
hörden in Anspruch nahm. Der oberste Gerichtshof erkannte jedoch am 23. April 1873 in
	        
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