Beil. J. 5
Nach erfolgtem Aufrufe der Sache in der heutigen öffentlichen Sitzung, in welcher für
keine der richtig geladenen Parteien ein Vertreter erschien, erstattete der ernannte Referent
Vortrag, worauf der k. Oberstaatsanwalt den Antrag stellte und begründete,
die Gerichte in dieser Sache für zuständig zu erklären.
Diesem Antrage war auch stattzugeben aus folgenden Erwägungen:
Mit Unrrecht behauptet die beklagte Gemeinde in ihrer Denkschrift, daß hier zur Zeit
ein negativer Competenz-Conflict noch gar nicht vorliege. Der Gegenstand, zu dessen Ent-
scheidung Andreas Geyer sowohl die Gerichts= als auch die Verwaltungs-Behörde angerufen
hat, ist der Anspruch des Genannten auf Anerkennung eines ihm angeblich zustehenden Rechtes,
über eine der beklagten Gemeinde eigenthümlich gehörige Grundfläche Plan-Num. 865 unge-
hindert von und zu seinem Grundstücke Plan-Num. 1081 zu fahren, und auf Schutz gegen
die durch Ziehung eines Grabens auf jener Fläche stattgefundene Störung in der Ausübung
jenes Rechtes. Beide Behörden haben ihre Zuständigkeit zur Entscheidung dieses Anfpruches,
also in Ansehung des nämlichen Gegenstandes abgelehnt; es ist somit die Voraussetzung des
Art. 10 des Gesetzes vom 28. Mai 1850, die Competenz-Conflicte betreffend, gegeben.
Zu der Sache selbst ist zu bemerken:
Andreas Geyer bezielt, wie aus dem Inhalte seiner Klagschrift im Zusan zenhalte
mit dem Inhalte des motivirten Antrags seines Anwalts vom 7. Juni 1877 sich ergiebt,
Anerkennung und Schutz des vorbezeichneten Fahrtrechtes als einer seinem Grundstücke Plan-
Num. 1081 zustehenden Grunddienstbarkeit an der im Eigenthume der beklagten Ge-
meinde befindlichen Bodenfläche Plan-Num. 865.
Den Gegenstand des vorliegenden Streites bildet somit ein privatrechtlicher Anspruch,
dessen Entscheidung nach Art. 1 der Proz.-Ord. den Gerichten zukommt.
Der Umstand, daß die beklagte Gemeinde gegen die Klage — unter Einräumung des
Rechtes des Klägers, über ihre Grundfläche Plan-Num. 865 zu fahren — eingewendet hat,
diese Fläche sei ein Bestandtheil eines öffentlichen Weges und durch Ziehung eines Grabens
habe die Gemeindebehörde lediglich nach ortspolizeilichen Vorschriften gehandelt, steht der Zu-
ständigkeit der Gerichte nicht entgegen.
Denn für die Frage, ob das Gericht oder die Verwaltungsbehörde zuständig sei, ist
nicht das Vorbringen der beklagten Partei, sondern die Natur des den Streitgegenstand bil-
denden Klaganspruches, wie solche nach dem thatsächlichen Vorbringen der Klagpartei
sich darstellt, zunächst maßgebend. Daß Andreas Geyer selbst behauptet oder anerkannt