Wenn dieser Grundsatz in den für · Deutschland und sohin auch für Bayern z. Z. in
Geltung stehenden, die Gerichtsverfassung und das gerichtliche Verfahren betreffenden Reichs-
gesetzen nicht eigens Ausdruck gefunden hat, so steht dieß seiner Anerkennung und Anwendung
nicht entgegen, nachdem der fragliche, die staatliche Jurisdictionsgewalt einschränkende Grund-
satz völkerrechtlicher Natur ist, gedachte Reichsgesetze aber nur die Bestimmung haben, die
Ausübung der Jurisdictionsgewalt, so weit solche besteht, innerhalb des Territorial-Ver-
bandes und des Bereiches der Regierungsrechte der verbündeten deutschen Regierungen gleich-
artig zu regeln.
Aus letzterem Grunde läßt sich auch aus dem F. 24 der R.-C.-P.-O., welcher zudem
überhaupt nicht einmal von dem Umfange der abstrakten Jurisdictionsgewalt, sondern von
dem concreten örtlichen Gerichtsstande, dem Forum und der Begründung desselben handelt,
nichts Gegentheiliges folgern.
In Consequenz des Obigen kann auch weiter zugegeben werden, daß dasjenige, was
in §. 18 ff. des Reichsgerichts-Verfassungsgesetzes über die Exterritorialitätsrechte gewisser
Persönlichkeiten zum Ausdruck gebracht ist, sich nicht sowohl als Fixirung und Umgrenzung
des völkerrechtlichen Grundsatzes selbst, wie vielmehr nur als ein Ausfluß des letzteren dar-
stellt und lediglich aus gewissen, in dem Folgenden noch anzudeutenden praktischen Gründen
eigens Anfnahme in jenes Reichsgesetz gefunden hat.
Es kann hier süglich dahingestellt bleiben, ob der gedachte Grundsatz des Ausschlusses
der Jurisdictionsgewalt des inländischen Staats über einen souveränen ausländischen Staat,
in soweit es sich dabei um Rechtsverhältnisse völkerrechtlicher oder selbst nur öffentlich
rechtlicher Natur handelt, als ein allgemeiner und ausnahmsloser zu gelten habe.
Dagegen ist hier in die Würdigung der Frage einzutreten, ob eine solche ausnahmslose
Wirksamkeit des fraglichen Grundsatzes auch für das Gebiet privatrechtlicher Verhält-
nisse bestehe.
Zu einer derartigen kritischen Unterscheidung hinsichtlich des öffentlich-rechtlichen und
privat-rechtlichen Wirkungsbereichs des mehrgedachten Axioms ist um so mehr Veranlassung
gegeben, nachdem es ein schon aus dem römischen Recht stammender, seitdem consequent
fortgebildeter und nicht minder in den modernen Gesetzgebungen, speziell auch! im österreichischen
Civil= und Staatsrechte
(Oesterr. bürgerl. Gesetzbuch §. 290, 867.
Ulbrich, österr. Staatsrecht, Seite 654, 655.)