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dem Civilrechte an und vermöge einer öffentlichrechtlichen Streitsache nicht den Charakter
einer Civilrechtssache zu verleihen. Auch habe Expositus Sailer durch die Einlösung der
Postnachnahmen, gleichwie durch die von ihm bethätigte Instruktion der Dispensgesuche, nur
in Ausübung seines Amtes gehandelt. Bezüglich der pfarrlichen Stolgebühren sei deren
öffentlichrechtlicher Charakter in Doktrin und Praxis ohnehin nicht bestritten. Eine Anerkennung
der klägerischen Forderung liege in der Verzichtserklärung des Johann Hack bezüglich der
Weiterverfolgung seines bei dem Bezirksamt Vilshofen gestellten Antrags jedenfalls nicht.
Uebrigens gehöre auch der Rechtstitel des Anerkenntnisses dem öffentlichen Rechte ebenso an
wie dem Gebiete des Civilrechts. Außerdem sei jene Verzichtserklärung nur von Johann
Hack, nicht auch von seiner mitverklagten Ehefrau abgegeben worden.
Diese Erklärung der K. Regierung, Kammer des Innern, von Niederbayern, wurde
den beiden Streitstheilen mit Verfügung vom 17. Februar 1897 mitgetheilt.
Eine Denkschrift wurde von diesen nicht eingereicht.
Die Akten wurden sodann von dem k. Amtsgericht Osterhofen mit Bericht vom 19. Oktober
1898 dem k. Oberstaatsanwalt beim Gerichtshof für Kompetenzkonflikte vorgelegt.
In der öffentlichen Sitzung des Gerichtshofs am 11. März 1899, in welcher die
Sache zum Aufruf kam, hatte sich von den geladenen Parteien Niemand eingefunden.
Von dem aufgestellten Referenten wurde über die bisherigen Verhandlungen Vortrag
erstattet, wobei die erheblichen Aktenstücke zur Verlesung kamen.
Der k. Oberstaatsanwalt stellte mit ausführlicher Begründung den Antrag, auszu-
sprechen, daß in dieser Sache die Gerichte in so weit, als es sich um den Anspruch des
Pfarrers Sailer auf Rückersatz der von ihm eingelösten Postnachnahme zu 30,60 „X und
5,90 1 handle, zuständig, im Uebrigen dagegen unzuständig seien.
II.
Die rechtliche Würdigung der Sache hat Folgendes ergeben:
1. In der vorwürfigen, mit Klage bei dem k. Amtsgericht Osterhofen angebrachten,
in Folge Berufungseinlegung bei dem k. Landgericht Deggendorf anhängig gewordenen, von
dem letzteren Gerichte zur Verhandlung gezogenen Streitsache des Pfarrers Franz Taver
Sailer in Grafendorf, früher Expositus in Gergweis, gegen die Gütlerseheleute Johann
und Maria Hack in Abstorf wegen Stolgebühren und Dispenstaxen ist von der k. Re-
gierung, Kammer des Innern, von Niederbayern gemäß Art. 8 bis 10 des Gesetzes über die
Kompetenzkonflikte vom 18. August 1879 in zulässiger Weise der Kompetenzkonflikt erhoben
worden, zu dessen Entscheidung der Gerichtshof für Kompetenzkonflikte berufen ist.
2. Die Verpflichtung zur Entrichtung von Stolgebühren, d. i. von Gebühren, welche
an den Seelsorgegeistlichen für die Vornahme von pfarrlichen Handlungen zu leisten sind,
beruht auf der Zugehörigkeit des Zahlungspflichtigen zum Kirchen= und Pfarrverband, sohin