Full text: Gesetz- und Verordnungs-Blatt für das Königreich Bayern. 1902. (29)

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20. Die gesundheitsschädliche Finne des Rindes (Cysticercus inermis). 
In den äußeren und inneren Kaumuskeln, seltener im Herzfleisch und den Zungen- 
muskeln, noch seltener in dem übrigen Fleische (Halsmuskeln, muskulöser Theil des Zwerch- 
fells, Zwerchfellpfeiler, Brustmuskeln, Unterschultermuskeln, Muskeln an der Innenfläche 
der Hinterschenkel) und nur ganz vereinzelt in Leber, Lunge und Lymphdrüsen von Rindern 
sowie von Kälbern findet man bläschenartige, bis 9 mm lange und 6 mm breite Gebilde, 
welche mit einer klaren, wässerigen Flüssigkeit gefüllt sind, in der sich ein weißes, etwa 
hirsekorn= bis kleinhanfkorngroßes Gebilde abhebt. Man nennt diese Bläschen Rinder- 
finnen. Sie sind die geschlechtslose Zwischenform des sogenannten feisten Bandwurmes des 
Menschen (ITaenia saginata). Wird Fleisch, welches eine solche Finne enthält, in rohem 
Zustande vom Menschen verzehrt, so entwickelt sich aus derselben im menschlichen Darme 
ein Bandwurm. Die Finnen können allmählich absterben; hierbei wird ihr Inhalt käsig, 
später kalkig. Im todten Thierkörper gehen die Finnen nach 2 bis 3 Wochen zu Grunde; 
auch durch Erhitzung auf 450, durch längeres Durchkühlen sowie durch längeres Einwirken- 
lassen von Kochsalz werden die Schmarotzer abgetödtet. 
Die Beurtheilung des Fleisches bleibt dem Thierarzt überlassen (8 31). 
21. Die gesundheitsschädliche Finne des Schweines, Schafes, Hundes und 
der Ziege (Cysticercus cellulosae). 
Die gesundheitsschädliche Finne des Schweines oder die Schweinefinne schlechtweg ist 
die geschlechtslose Zwischenform des sogenannten dünnen oder Einsiedlerbandwurmes des Menschen 
(Taenia solium); sie wird in Ausnahmefällen auch beim Schafe, der Ziege und beim 
Hunde angetroffen. Die Schweinefinne ähnelt äußerlich der Rinderfinne, entartet aber seltener 
als diese. Ihre Lieblingssitze sind: Hinterschenkelmuskeln, Bauchmuskeln, Zwerchfellmuskeln, 
Zwischenrippenmuskeln, Nackenmuskeln, Herz, Zungenmuskeln, Kehlkopfmuskeln, Kaumuskeln. 
Viel häufiger als beim Rinde findet beim Schweine eine massenhafte Einwanderung 
von Finnen statt, welche bisweilen zu einer graurothen Verfärbung und zu einer starken 
Durchfeuchtung des Fleisches führt. Die Lebensfähigkeit der Schweinefinne ist etwas größer 
als die der Rinderfinne. Sie geht erst bei Erhitzung auf 49 bis 50°% zu Grunde und 
ist 42 Tage nach dem Tode ihres Wirthes noch lebensfähig. 
Mit der gesundheitsschädlichen Finne ist nicht zu verwechseln die nur auf den Hund 
übertragbare dünnhalsige Finne (vergl. Nr. 25). 
Die Beurtheilung des Fleisches bleibt dem Thierarzt überlassen (8 31). 
22. Die Trichine. 
Die Trichinenkrankheit wird durch kleine Rundwürmer hervorgerufen, deren Larven, im 
aufgerollten Zustand in Kapseln eingeschlossen, oft in enormen Mengen im Muskelfleische sitzen. 
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