Full text: Gesetz- und Verordnungs-Blatt für das Königreich Bayern. 1910. (37)

Nr. 29. 285 
Letztere Bestimmung findet auch Anwendung, wenn außer dem Familien- 
haupt kein Agnat vorhanden ist. 
Es bleibt vorbehalten, die Stellung der Nachgeborenen beiderlei Geschlechts 
in Bezug auf ihre adeligen Titel und adeligen Rechte nach Maßgabe der sich 
im weiteren Verlaufe der Zeit ausbildenden Anschauungen und Gewohnheiten 
hausgesetzlich festzustellen. 
111. 
Wenn sich der Fall ergibt, daß kein oder kein großjähriger Anwärter vorhanden, oder 
daß der einzige großjährige Anwärter als Vormund über das Familienhaupt bestellt ist 
95, 103), so muß dem Letzteren für die Dauer dieses Verhältnisses ein Stammguts- 
kurator beigegeben werden, der dem Familienhaupte gegenüber die Stelle der Anwärter zu 
vertreten und deren Rechte und Pflichten (§ 77) auszuüben berufen ist, mithin auch durch 
die Vormundschaft eines minderjährigen Familienhauptes nicht ersetzt werden kann. 
Auf Ernennung und Bestellung eines Stammgutskurators hat das Familienhaupt oder 
dessen Vormundschaft bei seinem ordentlichen persönlichen Richter selbst anzutragen und einen 
Verwandten des Hauses oder einen andern Mann seines Vertrauens in Vorschlag zu bringen, 
der von dem Gerichte, wenn nicht wichtige, auch von der höhern Instanz gebilligte Bedenken 
der getroffenen Wahl entgegenstehen, bestätigt und unter Hinweisung auf § 108 verpflichtet wird. 
Hat ein Familienhaupt eine nach § 85 Ziffer 1—3 unstandesgemäße Ehe geschlossen, 
so ist dasselbe nicht berechtigt einen Stammgutskurator in Vorschlag zu bringen. Der 
Vorschlag geht in diesem Falle auf drei von ihm zu berufende volljährige Häupter standes- 
herrlicher Häuser über, die durch Mehrheitsbeschluß einen Stammgutskurator wählen. 
Der Stammgutskurator übt alle Rechte der Anwärter (8 77) aus. 
Die Bestimmung des § 100 findet auch auf den Stammgutskurator Anwendung. 
Zu Urkund der vorschriftsmäßig beschlossenen Abänderungen Unseres Hausgesetzes ist 
diese Verfügung ausgefertigt und von Uns eigenhändig unterschrieben und besiegelt worden. 
So gegeben im Schlosse Thurnau am 10. Juni des Jahres Eintausend neunhundert 
und zehn. 
Christian Carl-Gottfried Hermann Heinrich Graf und Herr von Giech.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.