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Bekanntmachung zum Vollzuge des Reichs-Gerichtskostengesetzes und des Kostengesetzes vom
21. August 1914.
fl. Staatsministerium der Finanzen.
Auf Grund des § 17 der K. Verordnung vom 28. Dezember 1914 (GVl. S. 677)
werden zum Vollzuge des Reichs-Gerichtskostengesetzes und des Kostengesetzes vom 21. August 1914
im Einverständnisse mit den übrigen Staatsministerien die nachstehenden Anordnungen erlassen:
I. Erläuternde Bemerkungen zum Kostengesetze.
A. Einleitende Gemerkungen.
1. 1 Das Kostengesetz regelt die Gebühren und Auslagen in den der Landesbesteuerung
unterliegenden gerichtlichen Verfahren (bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, auf die das Reichs-
Gerichtskostengesetz keine Anwendung findet, insbesondere Zwangsversteigerung und Zwangs-
verwaltung von Gegenständen des unbeweglichen Vermögens im Wege der Zwangsvoll=
streckung, Forstrügesachen, Strafverfahren im Verwaltungswege, Angelegenheiten der frei-
willigen Gerichtsbarkeit) und bei den Verhandlungen der Notare sowie die Gebühren und
Auslagen im Verwaltungs= und Verwaltungsrechtsverfahren, während das Stempelgesetz alle
jenen Abgaben enthält, die nicht den Charakter von Gebühren d. h. von Gegenleistungen
für eine behördliche Tätigkeit tragen, sondern ihrer Natur nach Verkehrsstenern oder Stempel
im engeren Sinne sind. Das Kostengesetz schließt sich in seinem Aufbau an das frühere
Gebührengesetz an und gibt dessen Bestimmungen, soweit sie sich auf die angeführten Gegen-
stände beziehen, zum größten Teil ohne sachliche Anderung wieder.
II Nach Art. 197 KG. werden die Vorschriften des Stempelgesetzes durch das Kostengesetz
nicht berührt. Demgemäß wird an der Stempelpflicht einer nach dem Stempelgesetz und
dem dazu gehörenden Tarife zu versteuernden Urkunde nichts dadurch geändert, daß die Urkunde
in einem nach dem Kostengesetze kostenpflichtigen Verfahren errichtet ist. Beurkundet z. B.
in einer Nachlaßsache das Nachlaßgericht einen Nachlaßauseinandersetzungsvertrag zwischen den
Erben, so unterliegt diese Beurkundung dem Stempel der Tarifstelle 9 St G. ohne Rücksicht
darauf, daß für die Vermittlung der Auseinandersetzung durch das Gericht die Gebühr des
Art. 94 KG. zum Ansatze kommt. Ebenso wird bei der Erteilung einer Wirtschaftskonzession
der Stempel der Tarifstelle 19 St G. ohne Rücksicht darauf erhoben, daß für den Beschluß
der Distriktsverwaltungsbehörde die Gebühr des Art. 153 Abs. I Ziff. 3 KG. geschuldet ist.