Full text: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen vom Jahre 1836. (2)

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Nur in solchen medizinalpolizeilichen Fällen, in welchen Gefahr beim Berzuge ist, steher 
dem Bezirksarze, dafern eine Verfügung der Obrigkeic nicht#sschnell genug ausgewirkt wer- 
den kann, das Recht zu, selbst Anordnungen an Ortsgerichtspersonen oder Gemeindevor- 
stände zu erlassen und dieselben nach Befinden mit der Androhung einer angemessenen Geld- 
strafe zu verbinden. Er hat jedoch eine solche Anordnung sonder allen Verzug der Obrig- 
keit zur Genehmigung anzuzeigen und mit derselben gemeinschaftlich das weiter Nöthige zu 
besorgen, auch die Beitreibung einer verwirkten Geldstrafe ihr zu überlassen. 
§. 10. Kommt ein Medizinalvergehen zur polizeylichen Untersuchung, so bilder er in 
Verbindung mit der Orts-Polizeybehörde die untersuchende Medizinal-Polizeybehörde. Wird 
eine criminelle Behandlung einer solchen Untersuchung nöthig, so ist er von der untersuchen- 
den Behörde als berathender und begutachtender Sachverständiger, soweic dabei ärztliche 
Rücksichten einschlagen, zuzuziehen. 
In allen andern gerichtlichen und polizeylichen Fällen, gehört die allemal nur auf Re- 
quisition der Gerichts= oder Polizeybehörde eintretende Mikwirkung eines Arztes für den 
Gerichrsarzt dieser Behörde, die in Ermangelung eines solchen irgend einen andern Arze 
erster Klasse zu requiriren hat. 
Fälle dieser Art sind namentlich: 
a.) die Untersuchung des körperlichen oder psychischen Gesundheitszustandes einer Person; 
b.) die Untersuchung weggenommener oder wegzunehmender Medikamente, verfälschter 
oder verdorbener Nahrungsmittel und Gerränke, so wie überhaupt aller Gegenstände 
oder Fälle, bei welchen es auf Ermittelung einer Eigenschaft oder Thatsache durch 
medizinische Beurtheilung ankommt; 
J.) die Constatirung des medizinischen, geburkshülflichen oder chirurgischen Thatbestan-= 
des in Fällen verübter Thätlichkeiten oder Verbrechen, oder des Verdachts derselben, 
z. B. der vorsätzlichen oder culposen Tödtung, durch Besichtigung und daher die 
nöthige legale Section und Ausstellung der Fundberichte; 
d.) die Prüfung und da nöchig Ermässigung der von den Medizinalpersonen mit Ein- 
schlus der Apotheker liquidirten Kosten. 
Für die unter d. gedachten Moderationen ist jedoch jederzeit nur ein im Allgemeinen 
bereits, wenn auch bei einer andern Gerichtsbehörde angestellter und verpflichteter Gerichts- 
arzt zu requiriren. 
§. 11. Wirklich anzustellende Gerichtsärzte müssen als Aerzke erster Klasse, als Chi- 
rurgen und als Geburtshelfer legitimirt seyn und ausserdem eine, von einer deshalb annoch 
zu bestellenden Prüfungsbehörde vorzunehmende Staarsprüfung, bestanden haben. Ihrer 
nochmaligen besondern Verpflichtung bedarf es nicht, wenn sie bereits als Bezirksärzee in 
Amt und Hflichten stehen, oder von einer andern Behörde, als bei der sie angestellt und 
verpflichter sind, in einzelnen Fällen requirirt werden. 
1836. 30
	        
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