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gung einer Wirthschaft sich verheirathet, oder zehn Jahre hindurch gewohnt hat, so ist vor—
zugsweise dieser letzte Staat dasselbe aufzunehmen verbunden. Hat der Auszuweisende in
dem einen Staate Unterthanrecht erworben, in dem andern aber sich verheirathet oder zehn
Jahre gewohnt: so soll der Staat, dessen Unterthan er ist, ihn aufzunehmen schuldig sein.
Wenn endlich ein Auszuweisender, welcher in keinem der contrahirenden Staaten Unterthan—
rechte erlangt hat, in dem einen Staate in die Ehe getreten ist, in dem andern aber nach
seiner Verheirathung zehn Jahre hindurch gewohnt hat: so liegt dem zuletzt genannten
Staate die Pflicht zu seiner Aufnahme ob.
§ 4. Ist auf den Auszuweisenden keine der im § 3 enthaltenen Bestimmungen an-
wendbar: so muß der Staat, in welchem er sich befinder, ihn vorläufig behalten.
§ 5. Verheirathete Personen weiblichen Geschleches sind als Angehörige des Staars
anzusehen, dem ihr Ehemann nach den vorstehenden Bestimmungen angehört. Dasselbe
gilt von Wittwen, so lange nicht während ihres Wirtwenstandes eine Veränderung einge-
treten ist, durch welche sie nach den Grundsätzen dieser Uebereinkunft Angehörige eines an-
dern Seaats werden, als welchem ihr gewesener Ehemann angehört hat.
Jedoch soll Wictwen und geschiedenen oder von ihren Ehemännern verlassenen Ehe-
weibern die Rückkehr in den Staat, dessen Angehörige sie, vor ihrer Verheirathung, nach
den Bestimmungen dieser Uebereinkunft waren, dann freistehen, wenn die Ehe innerhalb
fünf Jahren nach deren Schließung wieder getrennt worden und kinderlos geblieben ist.
§ 6. Hat ein Unterthan des einen contrahirenden Staats sich seines Unterthanen-
rechts in demselben durch irgend eine Handlung verlustig gemacht, ohne Angehöriger des
andern Staats geworden zu sein: so ist der zuerst bezeichnete Staat schuldig, ihn bezie-
hungsweise zu behalten oder wieder aufzunehmen. "
§ 7. Handlungsdiener, Handwerksgesellen und Dienstboten, mie Einschluß der Schä-
fer und Oorfhirten, welche ohne Anlegung einer Wirthschaft, ingleichen Zöglinge und
Studirende, welche der Erziehung oder des Unterrichts wegen irgendwo verweilen, werden
durch diesen Aufenthalc, wenn derselbe auch länger als zehn Jahre dauert, nicht Angehö-
rige des Staats, in welchem sie sich aufgehalten haben. .
Jeitpächter sind den vorstehend benannten Personen nur dann gleich zu achten, wenn
fie nicht entweder persönlich, oder mit ihrem Hausstande und Bermögen an den Ortr der
Pachtung sich begeben und während der Dauer derselben dort gewohnt haben.
§ 8. Können die Behörden der beiden contrahirenden Staaren über die Verpflich=
tung des Staaks, dem die Aufnahme eines Auszuweisenden angesonnen wird, sich nicht
vereinigen, und ist die Meinungsverschiedenheit auch im diplomatischen Wege nicht zu be-
seitigen, so wollen die beiden contrahirenden Regierungen den Streitfall zur compromissa-
rischen Entscheidung eines solchen dricten deutschen Bundesstaates, welcher sich mit beiden
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