Full text: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen vom Jahre 1855. (21)

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Art. 6. Der Gerichtsstand der Widerklage soll, wegen der in dieser Beziehung be— 
stehenden Verschiedenheit der beiderseitigen Gesetzgebungen, einen Anspruch auf Leistung 
der vertragsmäßigen Rechtshülfe nicht begründen. 
Art. 7. Die Provocations-Klagen (es lege diffamari oder e lege si conten- 
dat) werden erhoben vor demjenigen Gerichte, vor welches die rechtliche Ausführung des 
Hauptanspruchs gehören würde. 
Art. 8. In allen bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, vorbehältlich der Beschränkung 
im Art. 15 dieses Vertrags, ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk der Beklagte 
seinen Wohnsitz hat. 
Art. 9. Ob Jemand seinen Wohnsitz in einem der beiden Staaten habe, wird nach 
den Gesetzen desselben beurtheilt. 
Art. 10. Wenn Jemand seinen Wohnsitz in beiden Staaten genommen hat, so 
hängt die Wahl des Gerichtsstandes von dem Kläger ab. 
Diejenigen, welche in dem einen oder dem anderen Staate, ohne einen Wohnsitz da- 
selbst zu haben, eine abgesonderte Handlung, Fabrik, oder ein anderes Etablissement, oder 
eine Gutspachtung besitzen, sollen wegen persönlicher Verbindlichkeiten, welche sie in An- 
sehung solcher Etablissements oder Pachtung eingegangen haben, sowohl vor den Gerichten 
des Landes, wo diese Gewerbsanstalten oder Pachtungen sich befinden, als vor dem Ge- 
richtsstande des Wohnorts belangt werden können. 
Art. 11. Ausnahmsweise sollen Studirende und Personen, die im Dienste Anderer 
stehen, ingleichen Lehrlinge, Gesellen, Handlungsdiener, Kunstgehülfen, Hand= und Fabrik- 
arbeiter, auch in demjenigen Staate, wo sie sich in dieser Eigenschaft aufhalten, während 
dieser Zeit noch einen persönlichen Gerichtsstand für alle daselbst von ihnen gemachten 
Schuloen oder andere durch Verträge oder Handlungen daselbst für sie entstandenen Rechts- 
verbindlichkeiten haben, hier aber, so viel ihren bürgerlichen Stand betrifft, nach den Ge- 
setzen ihres Wohnorts beurtheilt werden. 
Art. 12. Der persönliche Gerichtsstand des Schuldners, wird auch als allge- 
meines Gantgericht anerkannt. Hat Jemand nach Art. 9 und 10 wegen des in 
beiden Staaten zugleich genommenen Wohnsitzes, einen mehrfachen persönlichen Gerichts- 
stand, so entscheidet für die Zuständigkeit des allgemeinen Gantgerichts die Prävention. 
Art. 13. Das hiernach in dem einen Staate eröffnete Gantverfahren erstreckt sich 
auch auf das in dem anderen Staate befindliche Vermögen des Gemeinschuldners, welches 
daher auf Verlangen des Gantgerichts von demjenigen Gerichte, in dessen Bezirke das 
Vermögen sich befindet, sicher gestellt, inventirt und entweder in natura oder nach vor- 
gängiger Versilberung zur Gantmasse ausgeliefert werden muß. 
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