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schuldiger in Untersuchung befinde, erlangt haben, sind wegen Unterlassung der in Art. 70
und 71 vorgeschriebenen Anzeigen und Benachrichtigungen straflos zu lassen, wenn sie zur
Verhinderung des bevorstehenden Verbrechens oder zur Verhütung der Bestrafung eines
Unschuldigen Dasjenige gethan haben, was sie den Umständen nach ohne Verletzung ihrer
geistlichen Amtsverschwiegenheit thun konnten.
Sechstes Capitel.
Von der Zumessung der Strafe, der Concurrenz und dem Rückfalle.
Art. 73.
Allgemeine Vorschriften über die Zumessung der Strafe.
In allen Fällen, wo gesetzlich die Strafe eines Verbrechens nach dem niedrigsten und
höchsten Maaße oder nach dem letzteren allein bestimmt ist, hat der erkennende Richter
innerhalb dieser Grenzen die Strafe für den einzelnen vorliegenden Fall unter Berück—
sichtigung der dabei eintretenden besonderen Verhältnisse festzusetzen, welche den Schuldigen
nach der besonderen Beschaffenheit der zu bestrafenden Handlung und nach dem Grade der
dabei gezeigten Böswilligkeit mehr oder minder strafbar darstellen.
Art. 74.
Zumessung der Strafe bei der Unbedachtsamkeit.
Bei Zumessung der Strafen wegen aus Unbedachtsamkeit begangener Verbrechen ist
vorzüglich auf den Grad der Unbedachtsamkeit und daneben auf die Größe des dadurch
verursachten Schadens Rücksicht zu nehmen.
Art. 75.
Zumessung der Strafe bei mehreren Theilnehmern.
Haben an einem Verbrechen mehrere Personen als Urheber, Anstifter oder Gehülfen
Theil genommen, so ist bei Abmessung der Strafe für jeden derselben außer den im Art. 73
angegebenen Rücksichten auch seine größere oder geringere Mitwirkung bei dem Beschlusse
oder der Ausführung des Verbrechens zu beachten.
Art. 76.
Zusammentreffen mehrerer Erschwerungsgründe.
Treffen bei einem Verbrechen mehrere gesetzliche Erschwerungs= oder Auszeichnungs-
gründe zusammen, so ist bei der Bestrafung der schwerste verselben zum Grunde zu legen,
und die übrigen sind als Strafabmessungsgründe innerhalb des durch jenen bedingten
Strafmaaßes zu berücksichtigen.
1855. 34