Full text: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen vom Jahre 1855. (21)

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desselben nur bei der Abmessung der Strafe innerhalb ves gesetzlichen Strafmaaßes zu be- 
rücksichtigen. Todes= und lebenslängliche Zuchthausstrafe findet jedoch auch in diesem Falle 
nicht Statt, sondern es ist statt derselben auf eine verhältnißmäßige zeitliche Zuchthaus- 
strafe zu erkennen. 
Art. 91. 
Nothwehr. 
Wer bei der Ausübung erlaubter Selbsthülfe oder ohne eine solche Veranlassung sich 
oder Andere von einem widerrechtlichen Angriffe auf die Person oder das Eigenthum be- 
droht sieht, befindet sich im Stande der Nothwehr. 
In diesem Falle ist er befugt, ohne daß er den wirklichen Angriff abzuwarten braucht, 
alle Mittel der Vertheidigung anzuwenden, von denen er unter den obwaltenden Umstän- 
den annehmen konnte, daß sie zur wirksamen Abwehr desselben erforderlich und mit der 
Beschaffenheit der abzuwendenden Gefahr nicht außer Verhältniß seien. 
Art. 92. 
Echte Noth. 
Auch außer dem Falle der Nothwehr ist derjenige nicht strafbar, welcher eine gesetz- 
widrige Handlung in einem auf andere Weise nicht abwendbaren Nothstande, zur Rettung 
aus einer gegenwärtigen dringenden Gefahr für Leib oder Leben seiner selbst oder seiner 
Angehörigen vorgenommen hat, vorausgesetzt, daß für den Gefährdeten nicht eine besondere 
Verpflichtung zum Bestehen solcher Gefahr obwaltete, und nicht die Gefahr als unmittelbare 
Folge einer von ihm begangenen strafbaren Handlung eingetreten ist. 
Art. 93. 
Zwang. 
Zwang schließt die strafrechtliche Zurechnung aus, wenn er in unwiderstehlicher körper- 
licher Gewalt oder in solchen Drohungen besteht, wodurch der Bedrohte in den Zustand 
echter Noth (Art. 92) versetzt wird. 
Art. 9 4. 
Befehl. 
Der Befehl eines Vorgesetzten kommt dem Untergebenen insofern zu Statten, daß er 
wegen einer in Gemäßheit desselben vorgenommenen Handlung, auch wenn sie etwas Ge- 
setzwidriges enthält, nicht bestraft werden kann, dafern der Vorgesetzte an und für sich zu 
der Anordnung dieser Handlung berechtigt war, und die Gesetzwidrigkeit des Befehls nicht 
sofort in das Auge fiel. 
Art. 95. 
Irrthum. 
Irrthum oder Unwissenheit über Thatsachen, durch welche eine an sich erlaubte Hand-
	        
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