Full text: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen vom Jahre 1855. (21)

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Die Voruntersuchung erhebt den Thatbestand und sammelt die sowohl zur Ueber— 
führung als auch zur Entlastung des Angeschuldigten dienenden Beweismittel soweit, daß 
über die Verweisung zur Hauptverhandlung entschieden und im Falle dieser Verweisung 
die Hauptverhandlung selbst ununterbrochen abgehalten werden kann. 
Die Prüfung der Ergebnisse der Voruntersuchung behufs dieser Entscheidung, sowie 
diese Entscheidung selbst bilden das Anklageverfahren. 
In der Hauptverhandlung erfolgt die Beweisaufnahme vor dem erkennenden Gerichte 
und auf Grund derselben die verurtheilende oder freisprechende Endentscheidung über die 
erhobene Anklage. 
Art. 5. 
Mündlichkeit (Unmittelbarkeit) und Oeffentlichkeit. 
Das Strafverfahren ist mündlich, jedoch mit Niederschriften verbunden. 
Der Angeschuldigte erscheint in Person vor dem Bezirksgerichte bei den Hauptver- 
handlungen und in denjenigen Verhandlungsterminen, in denen über Einsprüche gegen die 
Erkenntnisse der Einzelrichter entschieden wird, vorbehältlich der Bestimmungen über das 
Verfahren gegen Abwesende und Flüchtige. 
Ueber das Erscheinen des Angeklagten vor dem Oberappellationsgerichte im Falle der 
Entscheidung desselben über eine Berufung gegen ein Enderkenntniß des Bezirksgerichts ist 
im Art. 343 das Weitere bestimmt. 
Die Hauptverhandlungen vor dem Bezirksgerichte, sowie die Verhandlungen desselben 
über Einsprüche gegen Erkenntnisse der Einzelrichter sind öffentlich. Jedoch ist nur er- 
wachsenen Personen der Zutritt gestattet. Inwieweit die Verhandlungen vor dem Ober- 
appellationsgerichte öffentlich sind, bestimmt Art. 344. Ueber die Oeffentlichkeit der Ver- 
handlungstermine bei dem Einzelrichter vergleiche Art. 366. 
Die Berathungen der Richter über eine zu ertheilende Entscheidung sind auch bei 
öffentlichen Sitzungen dergestalt geheim, daß die Richter entweder in das Berathungszimmer 
sich zurückziehen, oder im Sitzungssaale mit leiser Stimme berathschlagen. (Vergl. jedoch 
wegen der Enderkenntnisse Art. 296, Abs. 6). 
Art. 6. 
Geheime Sitzung. 
Das Gericht ist befugt, auf den Antrag des Staatsanwalts, des Verletzten oder des 
Bezüchtigten, sowie auch von amtswegen die Oeffentlichkeit der Verhandlung, ohne Unter- 
schied, ob diese bereits begonnen hat oder nicht, auszuschließen und die Verhandlung in 
geheimer Sitzung vorzunehmen, wenn nach seinem Ermessen bei der Oeffentlichkeit der 
Verhandlung Verletzung des Schaamgefühls oder Gefahr für die öffentliche Ordnung zu
	        
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