Full text: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen vom Jahre 1855. (21)

(327) 
erfordert, daß die Richter, von welchen das letztere erlassen wird, der Verhandlung, vom 
Anfange derselben an, ununterbrochen beigewohnt haben. 
Wird daher ein Richter während der Verhandlung behindert, derselben fernerhin bei— 
zuwohnen, so ist zu Erfüllung der gesetzlichen Richterzahl ein anderer Richter beizuziehen 
und die Verhandlung von Neuem zu beginnen. 
Der Gerichtsvorsitzende kann jedoch, wenn eine Verhandlung eine längere Dauer er— 
warten läßt, einen oder mehrere Richter über die gesetzliche Richterzahl (Ergänzungsrichter) 
zuziehen. Der Ergänzungsrichter wohnt der ganzen Verhandlung bei und hat, falls 
eines der Mitglieder des Gerichts bis zur Beschlußfassung über das Erkenntniß, diese 
mit inbegriffen, auszuharren behindert werden sollte, für dieses Mitglied in das Gericht 
einzutreten. In diesem Falle findet eine Wiederholung der Verhandlung nicht Statt. 
Der Ergänzungsrichter nimmt, außer dem Falle des Eintritts und vor demselben, an den 
Berathungen und Entscheidungen des Gerichts keinen Antheil. 
Dagegen ist ein Wechsel in der Person des Gerichtsschreibers ohne Einfluß auf die 
Gültigkeit der Verhandlung. 
Art. 17. 
Hülfsrichter. 
Zur Vervollständigung des Bezirksgerichts für eine mündliche Verhandlung können 
von dem Vorsitzenden Hülfsrichter verwendet werden, welche das Justizministerium aus 
den zu dem Richteramte befähigten Personen und den Sachwaltern bestellt und eidlich ver— 
pflichten läßt. Das Amt eines Hülfsrichters kann von dem dazu Berufenen nicht ohne triftige 
Ablehnungsgründe, über welche das Justizministerium Beschluß faßt, ausgeschlagen werden. 
Dem bei einer Verhandlung verwendeten Hülfsrichter ist der etwaige Reiseaufwand und, 
dafern er nicht zu den Staatsdienern gehört, eine im Verordnungswege zu bestimmende 
Entschädigung für die gehabte Versäumniß aus der Staatscasse zu gewähren. 
Art. 18. 
Gerichtspolizei. 
Der Vorsitzende des Gerichts hat für Aufrechthaltung der Ruhe und Ordnung im 
Sitzungssaale zu sorgen. Derselbe kann bei eintretender Störung der Verhandlung nach 
seinem Ermessen, einzelne, oder auf eine zu bestimmende Zeit sämmtliche Zuhörer aus der 
Sitzung entfernen lassen, oder auch die Verhandlung selbst schließen. 
Gegen diejenigen, welche sich bei irgend einer gerichtlichen Verhandlung ein unge- 
bührliches Betragen zu Schulden kommen lassen, kann das Gericht, beziehendlich der Unter- 
suchungsrichter, eine Strafe bis zu zwei Wochen Gefängniß, oder dafern der Schuldige 
in Haft sich bereits befindet, Verlängerung derselben um zwei Wochen oder statt dessen 
Schärfung der Haft durch Beschränkung der Kost guf Wasser und Brod, jedoch nicht über 
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