Full text: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen vom Jahre 1855. (21)

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anzubringen, welches die beschwerende Entscheidung bekannt gemacht hat. Dieß kann, 
wenn es nicht persönlich von dem Anbringer oder dem Vertheidiger geschieht, auch durch 
einen Bevollmächtigten vorgenommen werden, dafern der Auftrag, wie bei Verlust des 
Rechtsmittels erforderlich ist, sofort oder doch binnen der Einwendungsfrist nachgewiesen 
wird. 
Ein Rechtsmittel soll deshalb allein, weil es irrthümlich bei einer anderen Gerichts- 
behörde, als der hierzu bestimmten, rechtzeitig angebracht worden ist, nicht für unzulässig 
oder versäumt erachtet werden. 
Eben so soll die irrthümliche Bezeichnung des Rechtsmittels unschädlich sein. Hat 
der, welcher das Rechtsmittel eingewendet hat, sich so ausgedrückt, daß es zweifelhaft ist, 
welches Rechtsmittel er einwenden wolle, so ist er über seine Willensmeinung gerichts- 
wegen zu befragen. 
Ist der Fall von der Art, daß eine Nichtigkeitsbeschwerde neben einer Berufung oder 
einem Einspruche eingewendet werden konnte, und ist eine befriedigende Erklärung über die 
Willensmeinung des Anbringers nicht zu erlangen, so ist das Rechtsmittel als Berufung 
oder Einspruch zu betrachten. 
Art. 9 1. 
Mittheilung des Rechtsmittels an den anderen Theil. 
Ein von dem Angeschuldigten eingewendetes Rechtsmittel ist dem Staatsanwalte, be- 
ziehendlich dem Privatankläger und ein von einem der letzteren eingewendetes dem An- 
geschuldigten mitzutheilen, dafern die Mittheilung ohne Schwierigkeit erfolgen kann. 
Unter gleicher Voraussetzung sind, wenn nach Art. 88, Abs. 2 noch nachträglich Be- 
schwerdepunkte aufgestellt werden, auch diese dem anderen Theile bekannt zu machen. 
Die Einräumung besonderer Fristen zur Ausführung oder Widerlegung eines Rechts- 
mittels findet nicht Statt. Es können jedoch Eingaben zur Ausführung oder Widerlegung 
sowohl bei dem Bericht erstattenden, als auch bei dem entscheidenden Gerichte eingereicht 
werden. Ersteres hat dieselben, wenn sie vor der Berichtserstattung eingehen, bei dieser 
mit einzusenden, entgegengesetzten Falls aber zurückzugeben, das entscheidende Gericht aber 
hat sie, wenn sie bei ihm vor der Entscheidung eingehen, bei letzterer mit zu berücksichtigen. 
Art. 92. 
Berichtserstattung. 
Auf das Rechtsmittel ist nach Ablauf der zehntägigen Frist (Art. 86, Abs. 1) Be- 
richt an das zur Entscheidung zuständige Gericht (Art. 94) zu erstatten, es wäre denn, 
daß das Rechtsmittel versäumt oder, daß dasselbe nach dem Gesetze überhaupt oder im ein- 
zelnen Falle unzulässig oder, soviel die Nichtigkeitsbeschwerde anlangt, die Vorschriften des 
Art. 8 8, Abs. 1 und Art. 89 nicht beachtet worden.
	        
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