Full text: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen vom Jahre 1855. (21)

(359 ) 
Art. 110. 
Ist der Antrag auf Untersuchung von dem Staatsanwalte oder dem Privatankläger 
bei einem nicht zuständigen Bezirksgerichte angebracht worden, so hat das letztere von seiner 
Unzuständigkeit den Antragsteller in Kenntniß zu setzen und sich auf Vornahme derjenigen 
Handlungen zu beschränken, bei denen Gefahr im Verzuge ist. 
Eben so haben die Staatsanwälte ihnen zugekommene Anzeigen von Verbrechen, zu 
deren Untersuchung ein anderes Bezirksgericht zuständig ist, an den Staatsanwalt des 
letzteren abzugeben, jedoch ebenfalls denjenigen Handlungen sich zu unterziehen, bei denen 
Gefahr im Verzuge ist. 
Art. 111. 
Antrag der Dienst- oder Auffsichtsbehörde. 
Will die Dienst- oder Aufsichtsbehörde nach Art. 108 oder Art. 374 des Straf— 
gesetzbuchs einen Antrag auf Untersuchung gegen einen Beamten stellen, so hat sie ihn bei 
dem Oberstaatsanwalte einzureichen, welcher denselben, wenn er ihn für begründet erachtet, 
dem betreffenden Staatsanwalte zur Besorgung des weiter Nöthigen zuzufertigen, außerdem 
aber an das Justizministerium Vortrag zu erstatten und dessen Entschließung einzuholen hat. 
Art. 112. 
Ausnahmebestimmungen. 
Auch ohne vorherigen Antrag des Staatsanwalts kann ausnahmsweise, soweit Ge— 
fahr im Verzuge ist, das Bezirksgericht die nöthigen Erörterungen anstellen und die nöthigen 
Verfügungen treffen, wenn es Kenntniß von einem von amtswegen zu verfolgenden Ver— 
brechen erhält oder der Verletzte in Fällen des Art. 29 einen Antrag auf Untersuchung 
unmittelbar bei ihm gestellt hat. 
Das Bezirksgericht hat von dem Ergebnisse der Erörterungen, sowie von den ge— 
troffenen Verfügungen den Staatsanwalt ungesäumt in Kenntniß zu setzen. 
Art. 113. 
Insbesondere hat das Bezirksgericht durch eines seiner Mitglieder unter den Voraus— 
setzungen des vorigen Artikels die zur Erhaltung sichtbarer Spuren der That und zur 
Feststellung des Thatbestandes nöthigen Vorkehrungen und Erhebungen auch ohne vor— 
herigen Antrag der Staatsanwaltschaft vorzunehmen. 
Ferner kann es die sofortige Vorführung und einstweilige Verwahrung des Ver— 
dächtigen verfügen, wenn derselbe entweder 
1) Anstalten zur Flucht macht over gus besonderen Gründen der Flucht verdächtig 
ist, oder 
2) auf frischer That betroffen oder unmittelbar nach der That als des Verbrechens 
verdächtig durch Nacheile bezeichnet wird, oder 
1855. 55
	        
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