Full text: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen vom Jahre 1855. (21)

(∆ 384 ) 
oder zur Praris berechtigte Aerzte und Wundärzte, wegen deren ver Vorschrift im Art. 176 
nachzugehen ist, die Leichenschau und Leichenöffnung vornehmen. 
Denjenigen Aerzten, welche den Verstorbenen in der dem Tode unmittelbar voraus- 
gegangenen Krankheit behandelt haben, ist die Vornahme der Leichenöffnung nicht zu über- 
tragen, wohl aber können sie zu derselben zugezogen werden, um aus der Krankheitsgeschichte 
Aufschlüsse zu geben. Diese Bestimmung leidet auch auf den Gerichtsarzt und Gerichts- 
wundarzt Anwendung, wenn er den Verstorbenen in der fraglichen Krankheit behandelt hat. 
Art. 190. 
Der Richter hat für den Beweis der Identität des Getödteten zu sorgen. 
Insonderheit hat er, ehe eine Veränderung mit dem Leichname vorgenommen wird, 
denselben, soweit es möglich ist, dem muthmaßlichen Thäter und, dafern der Getödtete 
nicht dem Gerichte selbst ausreichend bekannt war, solchen Personen, die ihn im Leben ge- 
kannt haben, zur Anerkennung vorzuzeigen. 
Wird die Leiche von Niemandem erkannt, so ist eine genaue Beschreibung derselben, 
namentlich auch ihrer Bekleidung und der Gegenstände, die bei ihr aufgefunden worden, 
zu den Acten zu nehmen und in öffentlichen Blättern bekannt zu machen. Die Bekannt- 
machung ist jedoch zu unterlassen, wenn zu besorgen ist, daß durch dieselbe die Verfolgung 
des Thäters erschwert werden würde. 
Art. 191. 
Im Uebrigen sind bei der Besichtigung der Leiche die für Beurtheilung der Sache 
wichtigen Umstände, unter denen die Leiche aufgefunden worden ist, insonderheit der Ort, 
wo, und die Lage, worin sie gefunden worden, sowie die Wunden und sonstigen Spuren 
einer an dem Verstorbenen verübten Gewaltthat genau zu erforschen und das erlangte Er- 
gebniß actenkundig zu machen. 
Art. 192. 
Die Leichenöffnung ist auf die Oeffnung der Kopf-, Brust= und Unterleibs-Höhle des 
Entseelten zu richten. 
Ist nach der übereinstimmenden Ansicht der Aerzte und des Untersuchungsrichters die 
Leichenöffnung überhaupt oder doch die Erstreckung derselben auf alle drei Höhlen nicht 
thunlich, so haben die Aerzte im ersteren Falle ihr Gutachten (Art. 193) auf Grund der 
Leichenschau, im letzteren Falle auf Grund der Leichenschau und des bei Oeffnung der übri- 
gen Höhlen erlangten Befundes anzugeben. 
Art. 193. 
Das ärztliche Gutachten muß, was die Todesursache betrifft, eine Erklärung darüber 
enthalten, ob nach den Grundsätzen der Wissenschaft mit Bestimmtheit oder mindestens mit
	        
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