Full text: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen vom Jahre 1855. (21)

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übersteigen darf, und bei fortgesetzter Weigerung, oder auch selbst sofort, durch Gefängniß- 
zwang bis zu sechs Wochen zur Erfüllung seiner Pflicht anhalten oder durch den Richter 
seines Wohnorts anhalten lassen. 
Die Haft wird durch Ablegung des verweigerten Zeugnisses beendigt. 
Wird später die Hauptverhandlung eröffnet, so kann der Zeuge, der erstandenen Haft 
ungeachtet, anderweit vorgeladen, beziehendlich vorgeführt, und bei fernerer Verweigerung 
des Zeugnisses von dem erkennenden Gerichte nach Maaßgabe des Art. 2 84 bestraft werden. 
Art. 219. 
Abhörung der Zeugen. 
Die Zeugen werden jeder einzeln und ohne daß der Angeschulvigte zugezogen wird, 
von dem Untersuchungsrichter abgehört. 
Der Untersuchungsrichter kann den Zeugen, wenn er es für zweckmäßig erachtet, außer- 
halb der Gerichtsstelle, insbesondere an dem Orte, an welchem die That verübt oder die 
bezügliche Wahrnehmung von dem Zeugen gemacht worden, abhören. 
Bei Abhörung von Zeugen, welche der deutschen Sprache, oder der Rede oder des 
Gehörs, oder beider nicht mächtig sind, ist in Gemäßheit der Vorschriften der Art. 164, 
165, 166 zu verfahren. 
Art. 220. 
Der Zeuge wird ermahnt, nach der ihm beiwohnenden Wissenschaft allenthalben die 
reine und unverfälschte Wahrheit anzugeben, nichts zur Sache Gehöriges zu verschweigen 
und überhaupt seine Aussage so einzurichten, daß er sie auf Erfordern mit unverletztem 
Gewissen eidlich bestärken könne. 
Art. 221. 
Der Richter fragt den Zeugen über Namen, Alter, Religion, Stand oder Gewerbe 
und Wohnort, ob er mit dem Verletzten oder dem Angeschuldigten verwandt oder ver- 
schwägert oder bekannt sei, nicht minder über seine sonstigen persönlichen Verhältnisse, na- 
mentlich in Beziehung auf den Verletzten und den Angeschuldigten, soweit sie auf seine 
Aussagen und deren Glaubwürdigkeit Einfluß haben können. 
Art. 222. 
Einrichtung der Befragung. 
Bei der Abhörung über die Sache selbst ist der Zeuge von dem Gegenstande seines 
Zeugnisses, soweit nöthig, in Kenntniß zu setzen, sodann zu einer zusammenhängenden 
Erzählung über letzteren aufzufordern, hierauf aber nach Befinden durch weiteres Be- 
fragen zur Ergänzung derselben und zur Hebung von etwaigen Dunkelheiten oder Wider- 
sprüchen zu veranlassen.
	        
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