Full text: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen vom Jahre 1855. (21)

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im Wege steht (vergl. Art. 225), oder sie nicht bereits früher vereidet und daher nur auf 
den geleisteten Eid zu verweisen sind, nach Maaßgabe der im Anhange unter II, A ent- 
haltenen Formel und nach vorgängiger Verwarnung vor Begehung eines Meineides zu 
vereiden. Das Gericht kann jedoch die Vereidung auch bis nach erstatteter Aussage des 
Zeugen und selbst bis zum Schlusse der Verhandlung aussetzen, in welchem Falle die 
Formel II, B im Anhange anzuwenden ist. 
Uebrigens leiden die Vorschriften des Art. 224, Absatz 2, 3, des Art. 226, Absatz 
2, 3 und des Art. 227 hier gleichfalls Anwendung. 
Das Befugniß der im Art. 213 genannten Personen, das Zeugniß zu verweigern, 
wird dadurch, daß sie von demselben in der Voruntersuchung keinen Gebrauch gemacht und 
sich in der Hauptverhandlung eingefunden haben, nicht aufgehoben. (Vergl. noch Art. 289) 
Art. 283. 
Einwendungen gegen die Vereidung der Zeugen. 
Der Vorsitzende hat den Angeklagten und den Staatsanwalt, beziehendlich den Privat- 
ankläger vor der Vereidung des Zeugen zu fragen, ob sie etwa Einwendungen gegen dieselbe 
vorzubringen haben. 
Die Entscheidung, daß der Zeuge nicht zu vereiden sei, schließt an sich dessen Befrag- 
ung nicht aus. 
Einwendungen gegen die Eidesfähigkeit eines Zeugen, welche vor der Vereidung 
desselben angebracht, vom Gerichte aber nicht berücksichtigt worden sind, können gegen das 
Enderkenntniß mittels der Nichtigkeitsbeschwerde geltend gemacht werden. Hatte der Be- 
theiligte die betreffenden Thatsachen erst bei oder nach der Vereidung, jedoch noch vor 
Verkündigung des Erkenntnisses, erfahren, so hat er dieselben noch vor der letzteren bei 
dem Gerichte geltend zu machen, widrigenfalls er auf sie eine Nichtigkeitsbeschwerde gegen 
das Erkenntniß nicht stützen kann. 
Art. 284. 
Einrichtung des Zeugenverhörs. 
In Betreff der Abhörung der Zeugen, sowie in Betreff der Zuziehung eines Doll- 
metschers bei dieser Abhörung ist den Vorschriften des Art. 219 und der Art. 164, 165, 
166, Abs. 1 nachzugehen. Der Aufnahme einer Niederschrift durch den Dollmetscher bedarf 
es nicht. 
Jeder Zeuge wird in Abwesenheit der später abzuhörenden Zeugen befragt, vorbe- 
hältlich der Bestimmungen der Art. 285, Absatz 3, Art. 286, Art. 282, Absatz 1 und 
des Art. 337, Absatz 3. 
Der Vorsitzende hat den Zeugen, eintretenden Falls, darauf aufmerksam zu machen, 
daß seine Aussagen von den früher von ihm erstatteten abweichen oder der früheren Voll- 
ständigkeit entbehren, und hierüber seine Erklärung zu erfordern. 
1855. 62
	        
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