Full text: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen vom Jahre 1855. (21)

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Er kann auch solchen Falls dem Zeugen die frühere Aussage unter Vorlesung der— 
selben vorhalten. 
Nach beendigter Aussage und nach gegenseitiger Anerkennung der Person des Zeugen 
und des Angeklagten, dafern solche der Vorsitzende für nöthig hält, hat dieser an den An— 
geklagten die Frage zu richten, ob er auf dasjenige, was so eben ausgesagt worden, etwas 
zu erklären habe. Nach Erledigung etwaiger Bemerkungen des Angeklagten hat der Vor— 
sitzende an den Zeugen die Frage zu richten, ob er noch etwas seiner Aussage zuzufügen 
habe oder ob er bei ihr allenthalben stehen bleibe. 
Sollte ein Zeuge die Erstattung seiner Aussage oder die Ableistung des Eides ohne 
ausreichenden Grund verweigern, so kann das Gericht denselben in eine Gefängnißstrafe 
bis zu sechs Wochen und, wenn in Folge der Verweigerung die Vertagung der Sache 
nöthig werden sollte, in die dadurch verursachten Kosten verurtheilen. 
Erklärt der Zeuge später, jedoch noch vor dem Schlusse der Verhandlung, sich zur 
Erstattung der Aussage bereit, so hat das Gericht die Verurtheilung zur Gefängnißstrafe 
wieder aufzuheben und auch die Verurtheilung in die Kosten, soweit deren nicht bereits 
durch die Weigerung entstanden sind, wieder in Wegfall zu bringen. 
Die Vorschriften des Art. 324, Absatz 1, Art. 325 leiden hier gleichfalls Anwendung. 
Art. 285. 
Jeder Zeuge bleibt, nachdem er sein Zeugniß abgelegt hat, in dem Sitzungssaale, 
sofern nicht der Vorsitzende in Gemäßheit des Art. 286 ein Anderes anordnet oder den 
Zeugen auf dessen Begehren mit Zustimmung des Staatsanwalts und des Angeklagten 
entläßt. 
Während der Verhandlung ist aller Verkehr zwischen dem Angeklagten und den Zeugen, 
sowie der Zeugen unter sich untersagt. 
Die einzelnen Zeugen dürfen weder einander über ihre Aussagen zur Rede stellen, 
noch sich gegenseitig Fragen vorlegen, können jedoch bei dem Vorsitzenden ihre oder eines 
anderen Zeugen oder des Angeklagten nochmalige Befragung beantragen, wenn sie im 
Laufe der Verhandlung ihre oder eines anderen Zeugen oder des Angeklagten Aussagen 
ergänzen oder berichtigen wollen. 
Art. 286. 
Besondere Befugnisse des Vorsitzenden. 
Der Vorsitzende ist berechtigt und verpflichtet, zu jeder Zeit während der Verhandlung 
von dem Angeklagten und den Zeugen die für nöthig erachteten Erklärungen über die 
vorkommenden Thatsachen zu verlangen. 
Er kann einzelne Zeugen einander gegenüberstellen und abwechselnd Fragen an den 
einen und den anderen richten.
	        
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