Full text: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen vom Jahre 1855. (21)

(421) 
1) wenn der des vollendeten Verbrechens Angeklagte nur des Versuchs, oder ein des 
höheren Grades der Theilnahme Angeklagter nur eines geringeren Grades derselben 
oder der Begünstigung oder der unterlassenen Anzeige (Art. 50 bis mit 71 des 
Strafgesetzbuchs), oder ein des vorsätzlichen Verbrechens Angeklagter nur der 
Verübung aus Unbedachtsamkeit schuldig befunden werden sollte, oder 
2) wenn statt eines schwereren, auf Bereicherung an fremdem Eigenthume gerichteten 
Verbrechens Partirerei oder widerrechtliche Benutzung einer fremden Sache, statt 
Meineides leichtfinniger Falscheid, statt böslichen Bankrotts leichtsinniger Bankrott 
oder eines der in Art. 309, 310 des Strafgesetzbuchs gedachten Verbrechen sich 
ergiebt, oder 
3) wenn einzelne Thatsachen oder Erschwerungsgründe, welche in dem Verweisungs- 
erkenntnisse hervorgehoben worven sind, nicht bewiesen werden und in dessen Folge 
die angeschuldigte That als ein geringeres oder nur als ein einfaches oder von 
dem erschwerenden Umstande nicht begleitetes Verbrechen derselben Art sich darstellt. 
Art. 300. 
Besondere Bestimmungen. 
Erachtet das Bezirksgericht bei der Aburtheilung die Berücksichtigung von Umständen 
für angemessen, welche bereits Gegenstand der Voruntersuchung gewesen und bei der Haupt- 
verhandlung bewiesen worden sind, auf welche jevoch die Entscheidung über die Verweisung 
nicht gestützt worden war, so sind die Vorschriften der Art. 29 8, 299 gleichfalls zur An- 
wendung zu bringen. 
Art. 301. 
Das Gericht kann ausnahmsweise nach dem Schlusse der Verhandlung und vor der 
Urtheilsfällung die Verhandlung wegen einzelner Theile des Beweises wieder aufnehmen. 
In diesem Falle ist übrigens den Vorschriften des Art. 296 anderweit nachzugehen. 
Art. 302. 
Freisprechendes — verurtheilendes Erkenntniß. 
Erachtet das Gericht die thatsächlichen Ergebnisse der Hauptverhandlung nicht für 
ausreichend, um den Angeklagten für schuldig zu erklären, oder erachtet es die Anklage für 
thatsächlich widerlegt, so hat es auf Freisprechung von der Anklage zu erkennen. (Klag- 
freisprechung.) 
Das Gericht hat jedoch in dem Falle, wenn es zwar die Ergebnisse der Hauptverhand- 
lung nicht für ausreichend zur Verurtheilung erachtet, wohl aber der Ansicht ist, daß viese 
Ergebnisse einen erheblichen Verdacht gegen den Angeklagten begründen, oder wenn es 
zwar den Entlastungsbeweis für soweit hergestellt erachtet, daß die Verurtheilung nicht er-
	        
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