Full text: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen vom Jahre 1855. (21)

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Ist ein Privatankläger aufgetreten, so leiden die in Betreff der Staatsanwaltschaft 
ertheilten Vorschriften, soweit das von dem Privatankläger verfolgte Vergehen in 
Frage kommt, auch auf den letzteren Anwendung. Es bedarf jedoch einer besonderen Aus— 
führung des Strafantrags nach geschlossener Beweisaufnahme (Art. 296) nicht. Auch 
kann, wenn der Privatankläger bei der Hauptverhandlung nicht erscheint, dessenungeachtet 
bezüglich des von ihm verfolgten Verbrechens mit der Verhandlung und Aburtheilung, 
sowie in den Fällen der Vertagung mit der Beweisaufnahme verfahren werden. 
Der Privatankläger ist, selbst wenn er zugleich als Zeuge vorgeladen worden ist, der 
Verhandlung vom Anfange an beizuwohnen befugt. 
Viertes Capitel. 
Von den Rechtsmitteln gegen die Enderkenntnisse der Bezirksgerichte. 
Art. 338. 
Allgemeine Vorschrift. 
Der Angeklagte kann das Erkenntniß mit der Berufung anfechten, wenn er in dem- 
selben verurtheilt oder aus Mangel an vollständigem Beweise frei gesprochen worden ist 
und behauptet, daß die erbrachten Beweise zu seiner Verurtheilung, beziehendlich zu der 
nur beschränkten Klagfreisprechung nicht ausreichend seien oder daß die erkannte Strafe 
innerhalb des Strafmagaßes zu hoch gegriffen oder daß ein ausreichender Grund zu seiner 
Verurtheilung in Betreff des Kostenpunktes nicht vorhanden sei. 
Nicht minder kann der Angeklagte das Erkenntniß mit der Nichtigkeitsbeschwerde an- 
fechten. 
Dem Staatsanwalte steht gegen das Erkenntniß nur die Nichtigkeitsbeschwerde zu. 
Art. 339. 
Vertheidigung. 
Der Angeklagte kann sich zur Einwendung und Ausführung der ihm nachgelassenen 
Rechtsmittel eines Vertheidigers bedienen. Er kann auch von dem Gerichte die Beiord- 
nung eines solchen verlangen, wenn er in dem Erkenntnisse erster Instanz zu einer mindestens 
vierjährigen Arbeitshaus= oder zu einer Zuchthausstrafe verurtheilt worden ist. 
Ist er jedoch zu Todes= oder zu lebenslänglicher Zuchthausstrafe verurtheilt worden, 
so ist die Vertheidigung nothwendig, dergestalt, daß ihm, da nöthig, ein Vertheidiger durch 
das Oberappellationsgericht beizuordnen ist. 
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