Full text: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen vom Jahre 1855. (21)

( 451 ) 
Art. 389. 
Besondere Bestimmungen. 
Wird der Antrag auf einen der im Art. 386, Nr. 1, oder im Art. 387 unter 
Nr. 1, 2 bemerkten Gründe gestützt, so ist zur Wiederaufnahme noch erforderlich, daß der 
Beweis des Meineides oder des sonstigen Verbrechens, worauf der Antrag gegründet ist, 
durch Beibringung eines deshalb ergangenen gerichtlichen Strafurtheils geliefert werde. 
Dasselbe gilt, wenn in den Fällen des Art. 386, Nr. 2, 3, 4 und des Art. 387, Nr. 3 
die neue Thatsache in einer falschen Aussage oder in einer anderen strafbaren Handlung des 
Angeklagten oder einer dritten Person besteht. 
Ist jedoch derjenige, welchem der Meineid oder das sonstige Verbrechen beigemessen 
wird, bereits vor Einleitung der Untersuchung oder doch vor Ertheilung eines Erkenntnisses 
gestorben, oder kann aus einem anderen Grunde ein Erkenntniß über das beigemessene 
Verbrechen nicht beigebracht werden, so hat die zur Entscheidung über den Antrag um 
Wiederaufnahme berufene Behörde (Art. 394), da nöthig, nach vorgängiger Erörterung 
der Sache, zu prüfen, ob das behauptete Verbrechen einigermaaßen bescheinigt sei, und be- 
jahenden Falls den Antrag für zulässig zu erklären. 
Handelt es sich um eine Wiederaufnahme zum Nachtheile des Angeklagten bezüglich 
eines Verbrechens, welches von der Staatsanwaltschaft auf Antrag des Verletzten ver- 
folgt worden ist, so bedarf es zur Wiederaufnahme der Untersuchung eines anderweiten 
Antrags des Verletzten. 
Art. 390. 
Begriff der neuen Thatsachen und Beweismittel. 
Als neue Thatsachen oder Beweismittel gelten nur diejenigen, welche der Antragsteller 
in den, den Erkenntnissen vorausgegangenen mündlichen Verhandlungen oder im Falle 
einer Einstellung vor dem Erkenntnisse oder Beschlusse der Einstellung nicht gekannt hat. 
Insbesondere kann der Antragsteller solche Thatsachen und Beweismittel nicht als neue 
Thatsachen und Beweismittel geltend machen, welche er zwar nach dem Erkenntnisse, aber 
innerhalb der ihm zur Einwendung einer Berufung oder eines Einspruchs gegen dasselbe 
nachgelassenen Frist in Erfahrung gebracht hat. 
Der Widerruf eines Geständnisses ist nicht als neue Thatsache zu betrachten. 
Art. 39 1. 
Frist zur Stellung des Antrags. 
Der Antrag auf Wiederaufnahme zum Nachtheile des Angeklagten ist an eine acht- 
wöchentliche Frist, von Zeit der erlangten Kenntniß von den neuen Thatsachen oder Be- 
weismitteln oder der strafbaren Handlung (Art. 386, 1) oder dem Geständnisse (Art. 
386, 3, 4) an, gebunden. Mehrere neue Thatsachen oder Beweismittel, welche zu ver-
	        
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