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buchs die Nothwendigkeit der Vertheidigung nicht herbeizuführen. Es macht keinen Un-
terschied, ob das (einfache) Verbrechen unter erschwerenden Umständen (Art. 277 des
Strafgesetzbuchs) verübt worden ist (vergl. auch Art. 2 83, Abs. 1 a. E., Art. 2 85 unter
Nr. 2 des Strafgesetzbuchs). Bei einem ausgezeichneten Diebstahle, insoweit die Höhe
der Strafe von dem Betrage abhängig gemacht worden ist (Art. 278 des Strafgesetz-
buchs), und entsprechend auch bei den gleichgestellten Fällen der Erpressung (Art. 283,
Abs. 2 des Strafgesetzbuchs), des Betrugs (Art. 285, Nr. 1 des Strafgesetzbuchs) und
der Unterschlagung (Art. 289, Nr. I des Strafgesetzbuchs), ist die Vertheidigung eine
nothwendige, wenn ein Betrag von mehr als zehn Thalern festgestellt worden ist. Da-
gegen ist sie stets nothwendig in den übrigen Fällen des ausgezeichneten Diebstahls.
Be einer Unterschlagung, welche nach Art. 289, 3 des Strafgesetzbuchs zu beurthei-
len ist, ist die Vertheidigung niemals eine nothwendige.
Schreibt dagegen das Strafgesetz vor, daß die angedrohte Strafe eines bestimmten
Verbrechens wegen eines besonderen Erhöhungsgrundes auf das Doppelte oder bis auf
die Hälfte erhöht werden könne oder solle, so ist, wenn der gedachte Erschwerungsgrund
in dem Verweisungserkenntnisse angenommen worden ist, und diese Erhöhung der Strafe,
wenn auf sie erkannt werden sollte, bis zu der obgedachten Strafhöhe führen könnte, die
Vertheidigung eine nothwendige. (Vergl. z. B. Art. 1 48, Abs. 3, Art. 170 des Straf-
gesetzbuchs).
Wenn das Gesetz bei einzelnen Verbrechen Abstufungen nach der Schwere der Strafe
macht, dergestalt, daß in den niederen Abstufungen Gefängniß= oder eine geriygere als
vierjährige Arbeitshausstrafe, in den höheren aber eine schwerere Strafe in maximo an-
gedroht ist, so ist die Vertheidigung eine nothwendige, wenn auf eine dieser höheren Ab-
stufungen die Anschuldigung gerichtet ist. (Vergl. z. B. Art. 1 6 3, Art. 167, Art. 173,
Art. 268, 278, 305 in Verbindung mit Art. 306 des Strafgesetzbuchs).
Die Nothwendigkeit der Vertheidigung fällt dagegen deshalb nicht weg, weil ein Straf-
ausschließungs= oder ein Strafmilderungsgrund in Frage kommt und zwar gleichviel, ob
die betreffende Thatsache einen allgemeinen Ausschließungs= oder Milderungsgrund enthält,
(z. B. Verjährung, Jugend, Zwang oder verminderte Zurechnung) oder nur einen be-
sonderen, d. h. solchen, welcher einer bestimmten Elasse von Verbrechen, (z. B. Ersatz) oder
nur gewissen Verbrechen (z. B. Widerruf beim Meineide) angehört. Dieß gilt auch
z. B. von dem Verbrechen des Raubes in dem Falle, wenn nur geringe Drohungen 2c.
angewendet worden sind. (Vergl. Art. 177 des Strafgesetzbuchs).
49. Ist im Falle der nothwendigen Vertheidigung der Vertheidiger bestellt, so sind
nunmehr alle Handlungen, welche er innerhalb der ihm im Gesetze eingeräumten Befug—
nisse zu Gunsten seines Defendenden vornimmt und welche nicht als unbedingt überflüssige