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Soweit hiernach die Verpflichtung der Staatscasse zur Uebertragung der Defensiona—
lien in zweiter Instanz anzuerkennen ist, erstreckt sie sich, gleichviel, ob die zweite Instanz
bei dem Oberappellationsgerichte oder dem Bezirksgerichte stattfindet, auf alle Handlun—
gen des Vertheidigers, welche er nach Bekanntmachung des erstinstanzlichen Erkenntnisses,
von seiner Bestellung an, zu Gunsten seines Defendenden vorgenommen hat. Insbeson—
dere gehört hierher die Einwendung und Ausführung von Rechtsmitteln in schriftlichen
Eingaben, sowie die Abwartung von Verhandlungsterminen.
#52. Bei Gesuchen um Begnadigung findet eine Erstattung der Defensionalien aus
der Staatscasse nur in den Fällen Statt, in welchen auf Todesstrafe erkannt worden ist.
(Vergl. & 74 der Ausführungsverordnung vom Züsten Juli 1856).
& 53. Soviel das Gesuch eines Angeklagten um Wiederaufnahme einer
durch Enderkenntniß entschiedenen Untersuchung anlangt, so kann der Vertheidiger die Er-
stattung seiner Kosten für dasselbe aus der Staatscasse verlangen, wenn in dem Ender-
kenntnisse, gegen welches um Wiederaufnahme nachgesucht wird, rechtskräftig auf Todes-,
Zuchthaus= oder eine vierjährige oder höhere Arbeitshausstrafe erkannt worden war.
Die Verpflichtung der Staatscasse zur Erstattung erstreckt sich in diesem Falle auf die
Kosten, welche von dem Vertheidiger für das Gesuch um Wiederaufnahme, sowie, dafern
ein Verhandlungstermin nach Art. 397, Abs. 2, 3 der Strafproceßordnung von dem
Oberappellationsgerichte oder dem Bezirksgerichte angeordnet worden ist, für Abwartung
desselben verdient worden sind.
54. Wird eine durch Enderkenntniß entschiedene Untersuchung wieder aufgenom-
men, gleichviel, ob die Wiederaufnahme in Folge Allerhöchster Verfügung (Art. 387
Schlußsatz, der Strafproceßordnung) oder in Folge eines Antrags der Staatsanwaltschaft
oder des Angeschuldigten (Art. 39 4 der Strafproceßordnung) erfolgt, und daher ein an-
derweites Verfahren eingeleitet, so ist die Frage, ob die Uebertragung der in demselben
erwachsenden Defensionalien aus der Staatscasse beansprucht werden könne, ebenso, als
ob die Untersuchung zum ersten Male zur Verhandlung, beziehendlich zur Entscheidung ge-
bracht würde, zu entscheiden.
55. Die Schlußbestimmung des vorigen Paragraphen ist auch anzuwenden, wenn
in Folge Allerhöchster Verfügung (Art. 319 der Strafproceßordnung, Schlußsatz) eine
anderweite Hauptverhandlung vorgenommen oder wenn in Folge eingewendeter Nichtig-
keitsbeschwerde die Untersuchung zur nochmaligen Verhandlung und Entscheidung oder nur
zu letzterer zurückgewiesen wird.
56. Von der Uebertragung der Defensionalien aus der Staatscasse sind jedenfalls
solche Kosten ausgeschlossen, welche durch etwaiges pflichtwidriges Verhalten oder durch
Versäumnisse des Vertheidigers entstanden sind.