Full text: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen vom Jahre 1859. (25)

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Zum Berichterstatter kann nicht blos ein Mitglied der Advocatenkammer, sondern wenn 
ein nicht zu derselben gehöriger Advocat zur Erörterung beauftragt gewesen, auch dieser bestimmt 
werden. Der Berichterstatter ist nicht verhindert, an der Abstimmung, sowie Abfassung des 
Erkenntnisses Theil zu nehmen. 
Bleibt der Beschuldigte im Termine zur mündlichen Verhandlung aus, so wird dessen- 
ungeachtet mit Verhandlung der Sache und Abfassung des Erkenntnisses verfahren, dem Be- 
schuldigten aber innerhalb der nächsten acht Tage eine Abschrift desselben zu seiner Kenntniß- 
nahme zugestellt. 
Der Verhandlungstermin ist nicht öffentlich, doch findet auf den Wunsch des Beschuldig- 
ten die Zulassung der Mitglieder des Advocatenvereins Statt. 
&58.Wer durch die Handlung, welche den Gegenstand des Dieciplinarstrafverfahrens 
bildet, selbst verletzt worden ist, oder wer mit dem Verletzten, oder mit dem Angeschuldigten in 
gerader Linie verwandt oder verschwägert, oder in der Seitenlinie im zweiten Grade verwandt 
oder des Verletzten oder des Angeschuldigten Wahlvater oder Wahlsohn ist, darf Auftrag zur 
Erörterung der Sache oder zur Berichterstattung im Termine zur mündlichen Verhandlung 
nicht annehmen, auch in dem letzteren nicht in der Eigenschaft eines Mitgliedes der Advocaten- 
kammer oder eines Stellvertreters wirksam. sein. 
*59. Die Advocatenkammer kann, wenn eine glaubhafte Anzeige vorliegt, statt des 
vorstehend geregelten, ein den Vorschriften im Art. 368 der Strafproceßordnung entsprechen- 
des Verfahren mit der daselbst bemerkten Wirkung eintreten lassen. 
Werden innerhalb zehntägiger Frist gegen die von der Advecatenkammer erlassene Ver- 
fügung Einwendungen erhoben, so tritt das regelmäßige Verfahren ein. 
Bei diesem ist die Advocatenkammer im Falle der Verurtheilung des Beschuldigten an die 
in der Strafverfügung festgesetzte Strafe sowohl ihrer Höhe als ihrer Art nach nicht gebunden. 
Der Beschuldigte kann, wenn er durch unabweisbare Hindernisse abgehalten war, seine 
Einwendungen innerhalb der gesetzten zehntägigen Frist geltend zu machen, wider den Ablauf 
derselben innerhalb zehntägiger, vom Wegfalle der Hindernisse an zu rechnender Frist um Wie- 
dereinsetzung nachsuchen. Ueber das dießfallsige Gesuch entscheidet die Advocatenkammer. 
60. Gegen das Erkenntniß der Advocatenkammer steht dem Beschuldigten innerhalb 
zehntägiger, von dessen Bekanntmachung an zu rechnender Frist die Berufung an den Advoca- 
tenverein zu. Rechtzeitig eingelegt, hemmt sie den Vollzug der Strafe. 
61. In der Versammlung des Advocatenvereins sind alle Mitglieder desselben, auch 
diejenigen, welche das angefochtene Erkenntniß in der Advocatenkammer gefällt haben, zur 
Theilnahme an der Verhandlung sowie der Abfassung des Erkenntnisses berechtigt und von 
derselben nur die im § 58 bezeichneten Personen auszuschließen. Die Entscheidung erfolgt 
nach Stimmenmehrheit. Bei Gleichheit der Stimmen ist die mildere Meinung vorzuziehen.
	        
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