Full text: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen vom Jahre 1859. (25)

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§& 3. Die Zulassung zu der Prüsung für die juristische Praxis findet nur dann Statt, 
wenn zwischen dem Eingangstage des an das Justizministerium zu richtenden desfallsigen Ge- 
suchs und dem Tage des von dem Bittsteller bei der Juristenfacultät bestandenen Examens 
wenigstens ein Jahr inne liegt und durch glaubwürdige Zeugnisse beigebracht wird, daß in der 
Zwischenzeit der Candidat mit Fleiß bemüht gewesen ist, sich in der Rechtswissenschaft weitere 
Ausbildung und practische Uebung zu verschaffen. Dem Gesuche muß die Censur der Facul- 
tät über die daselbst erfolgte Prüfung des Candidaten, dessen academisches Sittenzeugniß und 
eine Bescheinigung, welche sein Unterthanenrecht nachweist, beigefügt sein. Bei denjenigen, 
die erst in späteren Jahren um Zulassung zur Prüfung für die juristische Praxis nachsuchen, 
nachdem sie immittels anderen Beschäftigungen sich hingegeben haben, bleibt es der Erwägung 
des Justizministeriums vorbehalten, inwiefern sie überhaupt noch zuzulassen, oder vorher, ihrer 
Befähigung halber, einer anderweiten Prüfung zu unterwerfen sein möchten. 
&# 4. Die schriftliche Prüfung für die juristische Praxis besteht nach wie vor in der Aus- 
arbeitung eines schriftlichen gutachtlichen Vortrags aus einer Civilproceßsache und eines der- 
gleichen aus einer Criminaluntersuchungssache, beider mit Beifügung der Entscheidung und 
besonderer Entscheidungsgründe. 
# 5. Die dazu erforderlichen Acten werden von dem Justizministerium selbst ausgewählt 
und dem Candidaten entweder durch die Canzlei des Justizministeriums oder durch ein hierzu 
zu beauftragendes Untergericht zugestellt. 
§& 6. Bei der Auswahl der Acten wird darauf Bedacht genommen werden, daß dieselben 
zu ihrer Bearbeitung nicht einen allzugroßen Aufwand an Zeit und Mühe erfordern, gleich- 
wohl aber dem Candidaten ein genügendes Material zur Darlegung seiner juristischen Kennt- 
nisse bieten. Man wird sich bei der Wahl der Civilacten nicht auf solche beschränken, in 
denen auf geführten Beweis und Gegenbeweis definitiv zu erkennen ist. Zu der strafrecht- 
lichen Probearbeit werden entweder gerichtsamtliche Untersuchungen, über welche das End- 
erkenntniß zu sprechen, oder Voruntersuchungen, über welche ein Verweisungserkenntniß zu 
fällen ist, gewählt werden. 
8 7. Die aus diesen Acten gefertigten Probeschriften sind innerhalb dreier Monate von 
Empfang der Acten an bei dem Justizministerium einzureichen. Diese Frist kann nur auf 
Ansuchen aus erheblichen Gründen von dem Justizministerium verlängert werden. Nach er- 
folgtem Ablaufe der vorschriftmäßigen oder vom Justizministerium verlängerten Frist werden 
die später eingereichten Arbeiten nicht weiter berücksichtigt, es bleibt jedoch dem Candidaten 
unbenommen, unter Erlegung der durch die Actenvorlegung bereits erwachsenen Kosten, um 
Vorlegung anderer Acten nachzusuchen. 
# Bei der Ausarbeitung der Probeschriften ist die Benutzung literarischer Hülfsmittel 
und die Bezugnahme darauf nicht ausgeschlossen, doch wird bei der Beurtheilung weniger auf 
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