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II. Berufsvormundschaft von Anstaltsvorständen.
Art. 7.
(0) Für eine unter staatlicher Verwaltung oder Aufsicht stehende Erziehungs- oder
Verpflegungsanstalt kann durch gemeinsame Verfügung des Justizministeriums und
des die Oberaufsicht über die Anstalt ausübenden Ministeriums angeordnet werden,
daß der Vorstand der Anstalt für die Minderjährigen, die in der Anstalt oder unter
der Aufsicht des Vorstands in einer von ihm ausgewählten Familie oder Anstalt er-
zogen oder verpflegt werden, alle oder einzelne Rechte und Pflichten eines Vormunds hat.
G Die Vorschriften in Art. 1 Abs. 4 und 5, sowie in Art. 4, 5 und 6 finden ent-
sprechende Anwendung.
Art. 8.
Der Art. 13 des Gesetzes vom 29.Dezember 1899, betreffend die Fürsorgeerziehung
Minderjähriger, (Reg. Bl. von 1899 S. 1284; Reg. Bl. von 1905 S. 290) erhält folgende
Fassung:
Für einen Zögling, der in einer unter staatlicher Verwaltung oder Aussicht
stehenden Erziehungsanstalt untergebracht ist, hat der Vorstand der Anstalt alle
Rechte und Pflichten eines Vormunds; er behält sie auch nach der Beendigung
der Fürsorgeerziehung bis zur Volljährigkeit des Mündels.
Im Falle einer Bevormundung nach Abs. 1 stehen dem Vormund die nach
§ 1852 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zulässigen Befreiungen zu.
Dem Vormundschaftsgericht bleibt die Befugnis vorbehalten, einen anderen
Vormund zu bestellen. Die Bestellung eines solchen hat zu erfolgen, wenn der
Anstaltsvorstand dies beantragt.
Gegeben Bebenhausen, den 8. Juni 1912.
Wilhelm.
Weizsäcker. Pischek. von Marchtaler. Fleischhauer. Schmidlin. Geßler.
Gedruckt in der Buchdruckerei Chr. Scheufele in Stuttgart.