Full text: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen vom Jahre 1874. (40)

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13. Zwangsmittel sind daher nur im wirklichen Nothfalle und, wo andere 
Beruhigungsmittel sich als unzulänglich erwiesen haben, anzuwenden, und zwar unter 
Berücksichtigung folgender Bedingungen: 
a) In der Regel ist zur Beschränkung nur das sogenannte Zwangscamisol, wie 
solches Bezirksärzte und andere im öffentlichen Dienste stehende Aerzte führen und zur 
Verfügung haben, zu verwenden. Bei besonderer Unbändigkeit sind noch außerdem die 
an gleicher Stelle zu erlangenden sogenannten Sprungriemen (breite, gepolsterte und 
mit einander verbundene Riemen um die Fußgelenke) zu Hilfe zu nehmen. 
Die Handhabung des Camisols ergiebt sich aus seiner Construction von selbst; es 
wird in der Art eines Leibchens von vorn angelegt und nach hinten zugeschnürt, die 
Arme werden über die Brust gekreuzt und die verlängerten Aermelenden um den Leib 
geschlungen und hinten mit einander verbunden. Diese Aermelenden lassen sich auch 
zweckmäßig dann verwenden, wenn es gilt, den Kranken aufs Bett zu befestigen. 
Außerhalb des Zimmers ist über das Camisol jedenfalls ein anderes Kleidungsstück 
anzuziehen und sind die Aermelenden des ersteren unter dem letzteren zu knüpfen; auch 
beim Aufenthalt im Zimmer wird solches zumeist geschehen können. 
b) Mit Sorgfalt ist darauf zu achten, daß die angewendeten Beschränkungsmittel 
den Kranken nirgends empfindlich drücken und ihm insbesondere das Athmen nicht er— 
schweren. 
c) Nie dürfen eiserne Fesseln, Stricke, dünne Riemen und der— 
gleichen zur Beschränkung in Anwendung kommen. Im Nodthfalle sind breite Gurt- 
bänder oder lange Handtücher mit untergelegter weicher Polsterung zu vorläufiger 
Sicherung des Kranken im Bette zu benutzen. 
d) Die mechanische Beschränkung ist in vollem Umfange nie länger, als es das 
höchste Maß der Noth erfordert, fortzusetzen; es ist immer zu versuchen, ob nicht auch 
ohne solche die gefahrlose Verhaltung des Kranken zu ermöglichen sei. 
e) Es ist nicht nur dafür zu sorgen, daß der der Beschränkung unterworfene 
Kranke seine natürlichen Bedürfnisse ordnungsgemäß befriedigen könne, er ist auch bei 
vorhandener geistiger Benommenheit dazu anzuhalten. 
Kommt dennoch eine Verunreinigung vor, so ist für entsprechende Reinigung un— 
verzüglich Sorge zu tragen. 
14. Es ist dem Kranken gute und nahrhafte, mindestens seinen Gewohnheiten 
entsprechende Kost zu verabreichen; ebenso ausreichendes Getränk in einfachem Wasser, 
kohlensauren Wässern, Milch, nach Umständen in Kaffee und leichtem einfachen Biere be— 
stehend, jedoch mit gänzlichem Ausschlusse stärkerer Spirituosen.
	        
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