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§ 9. Bei der Untersuchung und Ahndung medicinalpolizeilicher Uebertretungen
haben die Bezirksärzte den zuständigen Verwaltungsbehörden auf deren Verlangen als
Sachverständige beiräthig zu sein.
10. Um sich von den, das Medicinalwesen angehenden Verhältnissen, von den
Gesundheitszuständen und den, die Gesundheitspflege betreffenden Vorgängen in ihren
Bezirken fortwährend genaue Kenntniß zu verschaffen und zu erhalten, haben die Bezirks-
ärzte die einzelnen Orte ihrer Bezirke, und zwar auch ohne speciellen Anlaß dazu, fleißig
zu bereisen und auf diesen Reisen bei den Ortsobrigkeiten, praktischen Aerzten, Geist-
lichen und anderen geeigneten Personen über die obgedachten Verhältnisse und Zustände
möglichst genaue Erkundigungen einzuziehen.
11. Mit den in ihren Bezirken wohnhaften praktischen Aerzten haben die Be-
zirksärzte steten Verkehr zu unterhalten.
Die Wirksamkeit der ärztlichen Bezirksvereine haben sie nach Kräften zu fördern.
& 12. Die Bezirksärzte sind berechtigt, von den in ihren Bezirken wohnhaften
Aerzten, sowie von allen denjenigen Personen, die gewerbmäßig mit der Ausübung der
Heilkunde an Menschen sich beschäftigen, ohne zu derselben legitimirt zu sein, zu ver-
langen, daß sie ihnen die zu ihrer Geschäftsführung als Medicinalbeamte erforderlichen
Auskünfte ertheilen und bei allgemeinen medieinalpolizeilichen Vorkehrungen ihren An-
ordnungen nachkommen.
Sie sind berechtigt, die in den vorgedachten Obliegenheiten Säumigen zu Erfüllung
dieser Obliegenheiten unter Androhung von Ordnungsstrafen bis zu 30 Mark, deren
Einziehung nöthigen Falls bei der zuständigen Obrigkeit zu beantragen ist, anzuhalten.
Die vorgedachten Ordnungsstrafen fließen in königlichen Medicinalbezirken in die
Staatskasse, in städtischen Medicinalbezirken in die Stadtkasse.
# 13. Bei dem Auftreten von Epidemieen haben die Bezirksärzte, soweit nöthig,
die erforderlichen Localerörterungen vorzunehmen und bei den betreffenden Ortspolizei-
behörden die vorzukehrenden Maßregeln zu beantragen, auch die Letzteren im Einver-
nehmen mit den Ortspolizeibehörden zu leiten und zu überwachen.
Ueber das Auftreten epidemischer Krankheiten und über die deshalb angeordneten
Maßregeln haben die Bezirksärzte unverzüglich an die Kreishauptmannschaft Bericht zu
erstatten und dann, wenn anzunehmen ist, daß die Amtshauptmannschaft von dem Vor-
gange noch nicht Kenntniß hat, eine Abschrift des Berichts an die Kreishauptmannschaft
gleichzeitig der Amtshauptmannschaft zuzustellen.
Den Verlauf von Epidemieen haben sie in den, durch die Sachlage gebotenen Zeit-
abschnitten der Kreishauptmannschaft anzuzeigen.