Full text: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen vom Jahre 1900. (66)

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XII. Ortsgerichtspersonen. 
56. Die Ortsgerichtspersonen werden für bestimmte Bezirke eines Amtsgerichts in 
der erforderlichen Zahl ernannt. Die Ernennung steht dem Vorstande des Amtsgerichts zu. 
#57. Zur Ortsgerichtsperson soll nicht ernannt werden: 
1. wer das fünfundzwanzigste Lebensjahr nicht vollendet hat; 
2. wer infolge strafgerichtlicher Verurtheilung die Fähigkeit zur Bekleidung öffent- 
licher Aemter nicht besitzt; 
3. wer infolge gerichtlicher Anordnung in der Verfügung über sein Vermögen be- 
schränkt ist. 
Bei der Ernennung von Ortsrichtern für Ortschaften, in denen Erbgerichte, Erb- 
kretschamgüter oder dergleichen Güter gelegen sind, sollen die Besitzer dieser Güter in 
erster Reihe berücksichtigt werden, dafern sie zur Uebernahme des Amtes geeignet und 
bereit sind. 
Ein Gerichtsbeamter darf nur mit Genehmigung des Justiz-Ministeriums zur Orts- 
gerichtsperson ernannt werden. 
&58. Ueber die Abgrenzung der Bezirke der Ortsgerichtspersonen hat der Vorstand 
des Amtsgerichts zu bestimmen. 
Die bestehenden Bezirke sind thunlichst beizubehalten. Erscheint aus besonderen 
Gründen eine Aenderung erforderlich, so soll sie sich in der Regel den Grenzen der 
Gemeinden und selbständigen Gutsbezirke anschließen. Kleinere Gemeinden können mit 
benachbarten Bezirken zu einem Bezirke vereinigt werden. 
659. Der Vorstand des Amtsgerichts soll vor der Ernennung einer Ortsgerichts- 
person sowie vor einer Aenderung der Bezirke der Ortsgerichtspersonen die Vertreter 
der betheiligten Gemeinden und selbständigen Gutsbezirke über ihre Wünsche, Vorschläge 
oder Einwendungen hören. 
60. Von mehreren für denselben Bezirk ernannten Ortsgerichtspersonen führt die 
erste die Dienstbezeichnung als Lokal= oder Ortsrichter, die übrigen als Vizelokalrichter, 
Vizeortsrichter oder als Gerichtsschöppe. In den einzelnen Orten entscheidet darüber 
das Herkommen. 
§61. Dienstbehörde der Ortsgerichtspersonen ist der Vorstand des Amtsgerichts, 
oberste Dienstbehörde ist das Justiz-Ministerium. 
Der Vorstand des Amtsgerichts kann die Aussichtsführung einem anderen Richter 
übertragen. 
62. Eine Ortsgerichtsperson ist ihres Amtes zu entheben, wenn Umstände ein- 
treten oder bekannt werden, bei deren Vorhandensein die Ernennung nicht erfolgen soll. 
1900. 43
	        
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