Full text: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen vom Jahre 1900. (66)

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8 92. Bei Bauten in selbständigen Gutsbezirken außerhalb bewohnter Ortschaften, 
in kleineren Orten, in welchen vorwiegend Landwirthschaft getrieben wird, sowie in Orten 
mit im wesentlichen unbemittelter Bevölkerung kann die Baupolizeibehörde Ausnahmen 
von den Bestimmungen in 88 94 bis 138, auch soweit dies nicht ausdrücklich nachgelassen 
ist, bewilligen, dafern nur die erforderlichen Rücksichten auf Sicherheit und Gesundheit 
ausreichend gewahrt werden. 
Jede Amtshauptmannschaft hat unter Mitwirkung des Bezirksausschusses für ihren 
Bezirk ein Verzeichniß der unter Absatz 1 fallenden Ortschaften aufzustellen und bei Ein— 
tritt veränderter Verhältnisse zu berichtigen. 
Das Verzeichniß ist der Kreishauptmannschaft vorzulegen, Aenderungen desselben 
sind ihr anzuzeigen. 
Die Kreishauptmannschaft kann unter Zustimmung des Kreisausschusses auf erhobene 
Beschwerde oder von Amtswegen die Aufnahme oder Streichung einer Ortschaft im Ver- 
zeichnisse anordnen. 
93. Auch für vereinzelte Gebäude, welche von bewohnten Ortschaften entfernt 
liegen, kann die Baupolizeibehörde Ausnahmen von §8§ 94 bis 138 bewilligen, wenn 
anzunehmen ist, daß eine weitere Bebauung des umliegenden Geländes in absehbarer 
Zeit nicht erfolgen wird. 
Andererseits kann die Baupolizeibehörde für Kirchen, Schulen, Fabriken, größere 
Niederlagen und Geschäftshäuser, Theater, Concerthäuser, Tanz= und Versammlungssäle, 
größere Gasthöfe und ähnliche Gebäude, in welchen größere Mengen von Menschen ver- 
kehren, ebenso für Dampfkessel= und andere Motorenanlagen, Fahrstühle und Waaren- 
aufzüge auch über die angegebenen Bestimmungen hinaus die durch die besondere Art und 
Gefahr der Anlage gebotenen Anforderungen stellen. Durch Ausführungsverordnung oder 
örtliche Polizeiverordnung können hierüber allgemeine Vorschriften erlassen werden. 
# 94. Darüber, ob in offener oder geschlossener Reihe gebaut werden darf, ist durch 
Ortsgesetz Bestimmung zu treffen. In Landgemeinden und landhausmäßig bebauten 
Vororten, für welche kein Ortsgesetz besteht, sind in der Regel nur freistehende Gebäude 
oder Doppel= und Gruppenhäuser zulässig. Doch können Ausnahmen insbesondere bei 
Fabriken und landwirthschaftlichen Gehöften sowie bei den für solche errichteten Arbeiter- 
häusern, nicht minder für staatliche und gemeinnützige Unternehmungen zugelassen werden. 
§ 95. Bei offener Bauweise soll der Abstand zwischen zwei Vordergebäuden mindestens 
der Hauptsimshöhe des höheren Gebäudes, der Abstand von der Grenze mindestens der 
halben eigenen Hauptsimshöhe gleich sein und in der Regel nicht weniger als 4 m betragen. 
Bei Eckgrundstücken und unmittelbar neben solchen, sowie bei Hofgemeinschaften 
(vergl. § 101) sind Ausnahmen zulässig.
	        
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