254 Fünftes und Schlusskapitel. ]
gemonischen Stellung Preussens zu verbinden mit der Gestalt
des Bundesstaates. Man berief die Krone Preussen zur Bil-
dung des hervorragendsten Organes des Bundes und gewährte
dem mächtigsten Staate auch in dem sonstigen Bundesorga-
nismus verstärkte Rechte. Man qualifizirte damit die hege-
monischen Rechte nicht als Rechte des Einzelstaates Preussen,
sondern als Rechte des Bundes und als begründet in dessen
verfassungsmässigem Organismus.
Das deutsche Reich, die Grundlage des norddeutschen
Bundes bewahrend, nimmt gerade das zum Ausgangspunkte
seiner Ordnung und Wirksamkeit, was Calhoun als die Ver-
kehrung der ursprünglichen Voraussetzung des Bundesstaates
und als die Kombination erachtet, gegen welche sich die Schutz-
mittel des Einzelstaates richten müssen: die Verstärkung der
Centralgewalt durch die Staatsgewalt des Einzelstaates,
Soweit daher auch hier die Staatenrechtstheorie in ihrer
Grundlage und in allen ihren Folgerungen abliegt von den
politischen Voraussetzungen und von der Rechtsordnung des
deutschen Reiches, so gewinnt doch gerade aus diesem Grunde,
die Frage nach dem Rechtsschutze für die Rechtsstellung der
Einzelstaaten im Reiche eine gewichtige Bedeutung. Sie ist
eine doppelte:
Welchen rechtlichen Schutz haben die Ein-
zelstaaten für die Aufrechterhaltung ihrer ge-
sammten Rechtsstellung gegenüber dem aus-
gedehnten Rechte der Verfassungsänderung?
Welche Rechtsmittel stehn den Einzel-
staaten zu Gebote, wenn sie die Behauptung
aufstellen, dass sie gegen Verfassung und
Gesetz durch die Ausübung derReichsgewalten
in ihrer Rechtsstellung verletzt worden seien?
I. Der rechtliche Schutz, welchen die Einzelstaaten gegen-
über der verfassungsgebenden Gewalt des Reiches
für die Aufrechterhaltung einer politisch werthvollen Stellung
und für die Weiterbildung des Reiches selbst nur im Wesen
und Sinne des Bundesstaates zu erwarten haben, liegt aus-