298 $ 19. Die Feststellung des Budgetgesetzes. [202
mit Einnahmen und Ausgaben, welche voraussehbar und darum
veranschlagbar sind, neben und ausserhalb des Etats ist durch
die Verfassung verboten. Nur eine grobe Missachtung der
Verfassung, welche unter Konnivenz aller gesetzgebenden Fak-
toren stattfindet, lässt in Preussen einen grossen Theil der
auf ausserordentlichen Krediten beruhenden Finanzwirthschaft
sich ausserhalb des Etats vollziehn. Nach Recht und Pflicht
hat die Reichsfinanzverwaltung eine solche Praxis zurückge-
wiesen.
Die Grundsätze der Verfassung ordnen alsdann insbeson-
dere den Einnahmeetat, indem sie nicht nur als ganz selbst-
verständlich die Aufnahme aller derjenigen Einnahmequellen,
‚welche die Verfassung in einer Reihe anderer Bestimmungen
vorgesehn hat, sondern insbesondere auch die Reihenfolge vor-
schreibt, in welcher die Einnahmen als Deckungsmittel heran-
gezogen werden sollen.
Jede Abweichung von diesen Grundsätzen giebt, wenn
sie die Vorlage des Bundesrathes enthält, dem Reichstage das
Recht der Amendirung, und wenn sie durch eine Amendirung
des Reichstages bewirkt wird, dem Bundesrath das Recht der
Verwerfung des Etats. Und auch umgekehrt — jede Amen-
dirung und jede Verwerfung des Budgets ist verfassungswidrig,
welche solche Abweichungen dem andern Theile aufnöthi-
gen will.
II. Aber die Feststellung des Budgets ist nicht nur ge-
bunden an die besondern, gerade hierauf bezüglichen, sondern
auch an die allgemeinen Verfassungsvorschriften,
welche jede gesetzgeberische Thätigkeit regeln. Und
zwar ist sie dies in den beiden Hauptsätzen, welche Art. 5
und 2 der Reichsverfassung begründen:
Das Zustandekommen jedes Gesetzes und mithin
auch die Ergänzung oder Abänderung, die Aufhebung oder
Ausserkraftsetzung eines solchen, ist bedingt durch die
Übereinstimmung von Bundesrath und Reichstag.
Jedes verfassungsmässige Gesetz hat Gemein-
gültigkeit. Es bindet Jedermann, den es angeht, mithin