Full text: Studien zum Deutschen Staatsrechte. Zweiter Band. (2)

352 8 23. Die Budgetlosigkeit. [256 
Es giebt im Reich und in Preussen nirgends eine Be- 
stimmung in der Verfassung oder in der Gesetzgebung, welche 
für die Führung der Finanzverwaltung ohne gesetzliches Bud- 
get und nach einem einseitig stillschweigend oder ausdrück- 
lich festgestellten Finanzplane eine rechtliche Regelung ent- 
hielte. Das positive Recht giebt, im Gegensatz zur Doktrin, 
nirgends eine Anleitung zur bestmöglichsten Durchführung 
eines verfassungswidrigen Zustandes. 
Es sind in keiner Weise auf den budgetlosen Zustand die 
Bestimmungen der Verfassung und der Gesetze anwendbar, welche 
unter der Voraussetzung eines Budgetgesetzes gegeben sind. 
Es ist unrichtig, dass die Einnahmen und Ausgaben, die 
ohne Budgetgesetz verwandt oder bewirkt worden sind, wie 
Etatsüberschreitungen oder auch wie ausseretatmässige Ein- 
nahmen oder Ausgaben rechtlich zu behandeln sind. Diese 
Begriffe setzen positivrechtlich ein Budgetgesetz voraus, 
ım Verhältniss zu dem und nach dessen Massstab die Ein- 
nahmen oder Ausgaben als Überschreitungen oder als ausser- 
etatmässig qualifizirt werden. Trifft diese Voraussetzung nicht 
zu, dann sind alle Verwendungen aller Einnahmen schlechthin 
budgetlose. 
Es ist nicht minder unrichtig, dass über die budgetlosen 
Einnahmen oder Ausgaben irgend welcher Art eine Rech- 
nungslegung im Sinne der Verfassung, wie diesen Sinn das 
Rechnungskammergesetz feststellt und verwirklicht, erfolgen 
könne. Beide, Verfassung und Rechnungskammergesetz, setzen 
das Budgetgesetz, als den objektivrechtlichen Massstab, an dem 
die Rechte und Pflichten der aus der Finanzverwaltung sich 
ergebenden Verantwortlichkeitsverhältnisse gemessen werden, 
in unerlässlicher und unersetzlicher Weise voraus. 
Die Rechtsfolgen, die die Budgetlosigkeit nach sich zieht, 
sind daher in keinem Sinne und in keiner Weise die spe- 
zifischen Rechtsfolgen, die sich an die Ausführung und an die 
Abweichungen des Budgetgesetzes knüpfen. Diese Rechtsfol- 
gen sind einzig und allein die allgemeinen Rechtsfolgen, 
die sich aus der allgemeinen konstitutionellen Verantwort-
	        
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