Full text: Lehr- und Lesebuch oder die Vaterlands- und Weltkunde.

Borwort. 
Die Welt liegt uns als ein in einander-fliessondes Meer verwirrter An- 
schauungen vor Augen; die Sache des Unterrichts ist es, dass er die 
Verwirrung, welche in dieser Anschauung liegt, aufhebe, die Gegen- 
stände unter gich sondre, die ähnlichen und zusammengehörigen in 
ihrer Vorstellung wieder vereinige, sie alle in uns zu deutlichen 
Begriffen erhebe. Und dieses thut er, indem er uns die in einander 
fiiessenden, verwirrten Anschauungen einzeln vergegenwärtigt, 
dann uns diese vereinzelten Anschauungen in verschiedenen wan- 
delbaren Zuständen vor Augen stellt, und endlich dieselben 
mit dem ganzen Kreise unseres übrigen Wissens in Verbindung bringt.“ 
Pestalozzi. 
„So lange die Lesebücher, die eigentlichen Unterrichtsbücher der Schule, nicht 
mit dem nächsten Anschauungskreise anheben und in gehöriger 
Stufenfolge denselben, von Anschauung zu Anschauung fortschreitend, 
erweitern, so lange wird eg um unsere Schulen nicht besser. Die 
Lesebücher missen mit eisernem Bande Lehrer und Schüler nötbigen, 
den Weg der Anschauung zu verfolgen, Das ist die Aufgabe der 
Lesebücher. Es ist eine schwierige, vielfach versuchte, aber bis zur 
Stunde nicht gelös’te.* M. Wagner. 
Um Sähluffe bed Vormorted zur erften Auflage des „Rehr: und Lefebudes für die Mittel: 
Elaffen“ ‚murbe bereit8 beinerft, daß bie Bearbeitung eines Lefebuches für Oberflaffen, welches 
ih enyan da für Mittelflaffen anfchlichen, nad denfelben Grundfäßen ben geiftigen Gejihts- 
freis der Echüler über ben unmittelbaren Anfhauungsfreiß Hinaus von Stufe zn Stufe immer 
mehr ermeitern und ben noch übrigen grammattfhen Sprahübungäftoff: die Mufter- 
tüde aus bem IL.unb IV. Theil bes Praftifhen Xebrgangeß für den gefammten 
Leutijhen Sprahunterriät von L. Kellner enthalten werde, bereit begonnen fe. Die 
freundlihe Aufnahme und die vielen anerfennenden Beurtheilungen, melde bem „Rehr: und Refe- 
buche für die Mittelflaffen” in den verihicdenften Gegenten unfere8® Waterlandes zu Theil ger 
morden, baben den Derf. nicht wenig ermuntert, bie Bearbeitung bes 30. Buches für bie Obers 
Hajlen rüjtig au fördern, und Indem berfelbe da® Vergnügen hat, e8 Hiermit unter dem Titel 
„Lehr: und Xefebuch oder die Vaterlands: und Weltfunde für die OberFlaffen der 
Bolfsfchule‘ der deutfhen Jugend und beren Kebrern fehon fo bald übergeben zu fönnen, 
möge ihm Hier nur die Bemerfung gejtattet fein, daß er fi nad beiten Kräften beftrebt hat, 
bas Eingangs bezogene Verfprechen zu löfen. 
Das vorliegende „Lebr= und Lejebuh” zerfällt in 5 Mbichnitte: I. das Vaterland, 
II. die Erde, III. die Welt, IV. der Menich und V. Gott und fein Himmelteich. 
Vor allem war beiänorbnung ded Stoffes ber Brundfaß leitent, „vom Befannten zum 
Unbefannten” — „vom Nähern zum Entferntern” fortzufgreiten — ba8 Unbelanute 
an taa Befannte anzufnüpfen und damit zu vergleihen, um fo alles über den unmittelbaren 
Anfhauungsfreid Stnausltegende: frende Gemeinden, Kreife, Bezirke, Provinzen, 
Staaten, Ränder, Erdtheile — fremde Thiere, Pflanzen, Mineralien — frembe 
Menfchen ıc. auf den unmittelbaren Unfhauungsfreiß zu beziehen und Lurd) benfelben Elar zu 
maden: frembe Gerneinden durch tie eigene — unbefannte Thiere burh befannte u. f. m. — 
Bon ausgezeihneten Schulmännern ift feit Peftaloggi wiederholt ber Orundfaß ausgesprochen worben, 
„Daß der Menjfh — das Kind — vor allen Dingen in feinen nädjten VBerhält- 
ntffen zur Natur und zur Menfhheit einheimifh werben müffe, bevor man 
ihm etnen wettern Kvetd der Erfenntnig giebt.“ Verf. hat fih bemüht, biefen Grund: 
fa in Unlage und Durhführung feiner beiden „Xehr: und Nefebücher”, welche ein zus 
fammengebörenbed, organifhed Ganze bilden, firenge zu befolgen. Denn nahbem 
bad Kind an der Teitenden Hand be8 Kehrer8 dur bad „Lehr= und. Kefebud für bie 
Mittelflaffen” in bem unmittelbaren Anfhauungefreife, der Gemeinde, fid 
tn feinen Verhältniffen zur Natur und Menfchheit hinlänglich orientiren gelernt hat, fol e8 nım 
in tem „Rehre und Kefebuhe für Die Dberflaffen” von tiefem Eleinen reife auß, 
und an ihn anfnüpfend, zunädit feinen geiftigen Gefichtöfreid ermeitern ur Uberficht über da8 
Baterland. Nichts ift natürlicher, al& tap bie Geographie bed Materlandes hier ale 
tie Grundlage, bie Mr. I. alles weitern Unterrichts, ericheint; denn Die folgenden Theile bed= 
felben ruhen auf thr und merben burg fie in naturgemäßer MWeije zujammengehalten, was fi) 
um fo verthetlhafter erweij't, al& Teiver in ben meiiten Volföfhulen Schülerzgahl, Lehrkraft 
und Zeit zu der Deaffe ber einzelnen Fächer ber fogenannten „gemeinnüßigen Senntniffe, 
der Nealien”, In fo gar argem Mißverhältniffe ftehen, daß unmöglich jedes biefer Fächer 
einzeln mit Tohnentem Grfolge betrieben werben Fönnte. Und eben biefem Ubelftanbe foll in 
ben: vorliegenden Lehre und Lefebuhe durd eine orgamiihe Gombinatton biefer einzelnen 
Tächer zu einem einzigen Lehrgegenftanb: ber Baterlande: und Weltfunde auf geo- 
grapbifcher, vaumlider Örundlage, Degegnet werben. It nämltch unter Nr. I. des 
I. Abfchnitte8 eine räumliche Überfiht über bad Vaterland gewonnen, fo entftcht naheltegend bie 
Trage nah dem, mad der neu überblite Raum, der Boden (außer den Dienfhen) trägt, ber: 
worbringt und birgt; e8 folgt fonadh: II. Dte Natur bes Vaterlanbed. Sieran fchltept 
fiß: III. Da8 Vaterlanb und feine Bewohner (bie Deutfhen), und nahdem tn 
biefer Unterabthellung da8 Gegenwärtige bed beutfhen Landes und Volfed vor den Mugen 
des Kindes entrolft tft, folgt dbemnädft natürlt bie Frage nad dem Bergangenen, mie e8 
in früheren Zeiten im Vaterlande war; darum zum Schluffe: IV. Gefhichten aus die 
Sefhiäte der Deutfden. 
Ganz auf biefelbe Weife entftehen in dem II. Ubfenitt: „Die Erde” die Unterabtheilungen: 
1. Dte Erdthetle. II. Die Natur der Erde. III. Die Erde und ihre Bewohner 
(die MenfhhHett). IV. Sefhtäten aus der Gefgiäte der Menjähett.
	        
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