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befist München eine bedeutende Univerjitäi und die gröpte Biblio:
thef in Deutfchland (800,000 Bande) — eine Mfademie ber
Mittenihaften — und eine Nfademie der bildenden Rünfte
(für Baufunjt, Bildäauerfunft und Malerei), Kunit und
Snöduiftrie ftehen in München auf einer jehr Hohen Stufe der Aus:
bildung. Am michtigften find die föniglichen inftalten für Bronze:
gießeret, Borzellanfabrifation und Ölasmaleret. Außerdem
giebt es Kabrifer in Zu, Xeder, Seide, Baumwolle, Gold-
und Stilberdrath u. j.w. Die größte Berühmtheit aber befiken
die Bierbrauereien. Die Brauereien in München und ganz
Bayern gehören zıı den großartigjten Gemwerben; die Ausfuhr der
bayerılıhen Biere {ft jehr bedeutend.
7. Zand und Leute in Oberbayern.
Wil man fi eine Acht bayerische Pandiehaft voritellen, jo denke
man fih ein fleined, grünes Thal. Cine nur mwentg betretene Straße
durchjchnerdet ed; feine Bergmande ind mit dunklen Tannen bewachlen;
jein von einem WBache durdfloffener Boden tit zur Hälfte Aderfeld,
zur Hälfte Wiefe,; hie und da ftehen mit halbdürren Meiten die Zeugen
vergangener Sahrhunderte, uralte Eichen mit weißbemonfter Nine.
Mitten aber in der Einfamfeit, von einem fleinen Garten und einiger
Obitbäumen umgeben, Tiegt der Hof bed Bauern; ein Schlanfer, mit
bunten Bändern und vielen Figuren geiehmücter Kirchweihbaum über-
ragt ihn Hoch und grüßt den Wanderer fchon aus der Ferne; ver
Haudtbüre gegenüber rinnt ein Brünnlein flaren Waflers; ihm zur
Seite jtcht ein hohes, altes Erucifiz von Hol; frifche Blumen jchmüden
die Süße de3 Heilandeg; ein Betftuhl fteht darunter. Unweit davon
in ber MWiefe, von einer jener alten Gichen bejchattet, Ttegt eine Fleine
weiße Kapelle mit einem Glödchen; Dicht vor dem Haufe aber jelbft
Täuft cine lange Kegelbahn hin; die fchwere Kugel und ber Krug
flaren, fräfttgen Btere8 gehen abmechlelnd von Hand zu Sand; eine
Raftante befchattet die Spieler; auf der Hölgernen Wand bed Haufes
ftehen einige „Nagerlftöde”; dahinter auf Der Wand unter dem Dacke
bangen drei von vielen Kugeln durchfcheflene Scheiben von Tänait er:
bleichter Yarbe; Durch die offenen Xeniter De3 KHaufes kört man ben
helfen, wehmüthigen lang der Zither; man fieht die Burfchen, eine
Ferer und Blumen auf dem Hut, mit ftampfenden Fügen und \chnal-
senden Händen und Zungen, die lahenden Mätchen in ibrem heitern
Feiertagdgewand umtanzen. Dazmijchen hört man eine heitere Stimme
in fröhfiker Weife fingen. So wird getanzt und gejungen, getrunfen
nd gefegelt; die Mufif wird Tauter, wilder; da erjchallt plößlich Das
Söckhen in der feinen Wisienfapelle: e8 Läutet zum Ave Maria;
jet wird auf einmal Alles ftiffe;, die Mufif fchmeiat; Die Segel
rußen; Tänzer, Sänger, Trinfer und Spieler und Schüßen — alle
entblößen ihr Haupt und beten bei dem einfamen tönenden Klang der
Slofe ven jungfräulichen Grup.