derode bestätigt. Für seinen Verkehr mit Gordon Bennet, dem
Besitzer des Newyork Herald, hatte sich Schumann in Dr. Mund
umgetauft. In meinen Unterredungen mit dem Polizeirate v. Mau-
derode war dieser anfangs ziemlich verlegen, kam dann aber deut—
lich mit der Sprache heraus. Er gab zu, daß Schumann eine
Reihe von Jahren Agent der politischen Polizei gewesen war,
und schilderte ihn als einen dem rücksichtslosesten Gelderwerb nach-
gehenden erfindungsreichen Kopf, der sich durch geschickte Auf-
schneidereien über seine hohen Verbindungen und durch Mißbrauch
von Kenntnissen, die er in seiner polizeilichen Tätigkeit erlangt
hatte, immer wieder Eingang bei in= und ausländischen Blättern
der verschiedensten Richtungen zu verschaffen wußte. Nach man-
cherlei Irrfahrten in Italien, Griechenland und am Balkan hatte
sich Schumann, der Sohn eines Gastwirts in der Mark, Ende
der achtziger Jahre in Berlin niedergelassen. Im Tantener Knaben-
mordprozeß war er noch als Vertrauensmann der Antisemiten, der
Juden und der Polizei zugleich aufgetreten. Im Frühjahr 1893
war er jedoch in einem Antisemitenprozeß in Leipzig mit seiner
Methode des Verrats aller gegen alle so heilbos bloßgestellt wor-
den, daß er im Polizeidienst nicht mehr verbleiben konnte.
Wie hilflos die Männer des neuen Kurses gegenüber den
unterirdischen Wühlereien waren, hatte sich zwei Jahre vorher bei
den Nachforschungen nach dem Berliner Korrespondenten der Saale-
zeitung gezeigt. Ein Redakteur dieses Blattes erbot sich in einem
Briefe an den Staatssekretär v. Bötticher, dem Reichskanzler den
Verfasser der Berliner Sensationsnachrichten zu bezeichnen. Darauf
wurde erwidert, daß im Auftrage des Kanzlers der Adjutant Haupt-
mann Ebmeier den Redakteur auf dem Anhalter Bahnhof erwarten
werde, um seine Mitteilung entgegenzunehmen. Der Redakteur
traf richtig ein, der erste, dem er auf dem Bahnsteig begegnete,
war Schumann, der ihm dringend empfahl, sich in acht zu nehmen.
Der Redakteur ließ sich darauf von Hauptmann Ebmeier nur
die Angabe entreißen, daß die Skandalartikel von einem Beamten
der geheimen Polizei herrührten. Den Namen wollte er erst spä-
ter angeben. Statt dessen kam jedoch nach ein paar Tagen ein
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