Full text: Der neue Kurs.

trag, der im Januar 1870 zwischen Havas, Reuter und Wolff 
mit einer Dauer von 20 Jahren zustande kam. Der Erneuerung 
dieses Kartells auf weitere 10 Jahre ging nach dem Besuche 
Crispis in Friedrichsruh (1887) ein in seinen Folgen höchst un— 
glückliches Zwischenspiel voraus. Auf Betreiben Crispis sollte zur 
Bekämpfung des französischen Einflusses der Havasagentur eine 
dem Dreibunde analoge Verbindung der Depeschenagenturen in Rom, 
Wien und Berlin geschaffen werden, und zwar unter Anschluß 
von Reuter in London. Tatsächlich kam auch im Mai 1889 ein 
solches vom Auswärtigen Amt gebilligtes Abkommen zustande, bei 
dem Reuter das beste Geschäft machte. Er blieb in seinem Ham- 
burger Besitz. ÜUberseeische Fragen kamen überhaupt nicht in Be- 
tracht. Als nun gar noch der Kampf gegen Havas trotz der loyalen 
Unterstützung Reuters, der zusammen mit Wolff ein Bureau in 
Maris errichtete, vollständig fehlschlug, hielt man es für geraten, 
zu dem 1870 geschaffenen Zustand zurückzukehren. Den Preis 
für die Zustimmung von Havas mußte Wolff in Europa zahlen. 
Havas erhielt dazu noch Südamerika, Reuter behielt Ostasien. 
In diesem schließlichen Ergebnis der Verhandlungen vom Ende 
der achtziger Jahre spiegeln sich klar die in der Natur der Dinge 
liegenden Schwierigkeiten, mit denen eine Macht ringen muß, die 
zu spät, zu einer Zeit, da die Konkurrenten ihre Position schon 
längst und stark befestigt haben, auf dem Kampffplatz erscheint. 
Während Havas und Reuter sich in der Übersee festsetzten, mußte 
Wolff froh sein, sich nur einigermaßen in Europa einrichten zu 
können. 
Der neue Vertrag galt bis 1900. Bei den Verhandlungen 
1898 gelang es endlich dank der Geschicklichkeit des Direktors 
Mantler und mit Hilfe der Drohung des Abbruchs aller Beziehungen, 
Reuter aus Hamburg zu verdrängen und wenigstens den Anfang 
einer größeren Bewegungsfreiheit für die überseeischen Gebiete zu 
machen. 
Die Zeiten, in denen sich Deutschland um die uUrteile der 
Brasilianer, Argentinier und Chilenen, der Chinesen und der Japaner 
nicht zu kümmern brauchte, sind längst vorbei, ebenso wie die 
89
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.